: Einladung zum Hinhören
■ Die »Woche des Hörspiels 5« in der Akademie der Künste (Hanseatenweg)
Was sonst allzuschnell in den Archiven der Rundfunkanstalten untertaucht, soll im Großen Saal der Akademie der Künste dem interessierten Zuhörer noch einmal zu Ohren kommen. Bereits zum fünften Mal veranstaltet die Abteilung Film- und Medienkunst der Akademie in Zusammenarbeit mit den Hörspielredaktionen deutscher Sendeanstalten aus Ost und West die »Woche des Hörspiels«.
An sieben Abenden, vom 15. bis 21. Dezember, präsentiert das diesjährige Kuratorium mit zwölf Hörspielen unterschiedlicher Länge einen abwechslungsreichen Querschnitt durch die jüngsten Produktionen der Rundfunkanstalten. Ebenso wie bei der alljährlichen »Hörspielwerkstatt« der Neuen Gesellschaft für Literatur in der Galerie am Chamissoplatz kann das Publikum auch bei der Hörspielwoche mit den Machern diskutieren, denn im Anschluß an die allabendlichen Vorführungen stellen sich die Autoren, Regisseure und Vertreter der Hörspielredaktionen zum Gespräch. Ein öffentliches Forum möchten die Veranstalter schaffen für eine radiophone Kunstform, die oft genug durch ungünstige Sendezeiten und die Überbewertung hoher Einschaltquoten ein Schattendasein führt. Im Rahmen einer Publikumsjury, die am Ende der Veranstaltungswoche den Preis »Lautsprecher« für das beste Hörspiel verleiht, kommt neben den Hörspielproduzenten auch der Zuhörer zu Wort.
Zu hören bekommt man einiges, zum Beispiel von Autoren wie Friederike Mayröcker, George Tabori oder Ingomar Kieseritzky. Akustische »Visionen«, dokumentarische Aufzeichnungen, spannende Krimis wie Der Schatten und sein Schatten — ein Hörstück nach einem Filmexposé des belgischen Surrealisten René Magritte —, Ratschläge, Wie man glücklich wird, ohne sich zu verausgaben, oder die Geschichte Die alte Frau, in der sich eine häßliche Alte in den Lieblingssessel eines Schriftstellers setzt und stirbt, gerade als dieser den ersten Satz einer genialen Erzählung erfindet. Spannend für Filmfreunde könnte der 21.12. werden: in einem Tagesseminar stellen die Filmemacherin Jutta Brückner und der Filmpublizist Hans-Joachim Schlegel das einzige Hörspiel des russischen Regisseurs Andrej Tarkowski vor.
Parallel zur öffentlichen Hörspielwoche in der Akademie der Künste finden auch in diesem Jahr die »Hörspieltage« der Neuen Gesellschaft für Literatur im Literaturhaus, Fasanenstraße, statt (16.-19.12.). Diese Fachtagung für Autoren, Dramaturgen und Regisseure soll anhand von Produktionsvorführungen, Referaten und Diskussionen einen aktuellen Überblick über das Hörspielgeschehen inner- und außerhalb der Sender geben. Unter dem Motto Aufbruch und Umbruch im Osten wurden diesmal Produktionen ausgewählt, die sich auf sehr unterschiedliche fiktionale oder auch dokumentarische Weise mit dem Thema auseinandersetzen, so zum Beispiel Reiner Kunzes Deckname Lyrik. Die Vorlage für dieses eindringliche Hörstück bildet Kunzes eigene authentische Stasi-Akte.
Die Veranstaltungen im Literaturhaus sind nicht öffentlich. Aufgrund der Programmplanung können die Fachteilnehmer jedoch die abendlichen Vorführungen in der Akademie zum Austausch mit Hörspielinteressierten nutzen. Wer nun die Ohren gespitzt hat, lasse sich verleiten zum Abenteuer Hörspiel, frei nach dem Motto von Ernst Jandl und Friederike Mayröcker:
spiel ist ein imperativ
hör ist ein imperativ
hörspiel ist ein doppelter imperativ
Gudrun Langehenke
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen