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Deutsche biß Brasilianerin

■ Hauswartsfrau muß sich vor Gericht wegen Körperverletzung verantworten

Neukölln. Die Narbe auf der rechten Wange wird das Gesicht der 33jährigen brasilianischen Sängerin Martha-Maria de Almeida Brito ihr Leben lang zeichnen. Es ist das Mal eines Bisses. Nicht ein Tier, sondern ein Mensch, genauer gesagt, eine deutsche Frau hatte ihre Zähne in das Gesicht der Mulattin eingegraben. »Es war ganz eindeutig aus Ausländerhaß«, ist Maria de Almeida Brito überzeugt.

Es geschah in der Nacht vom 9. zum 10. März 1991. Die Sängerin wollte nach einem Auftritt gegen ein Uhr nachts in der Fuldastraße in Neukölln Freunde besuchen. Weil sie sich in der Gegend nicht auskannte, geriet sie fälschlicherweise auf das Grundstück des Nachbarhauses, aus dem eine große blonde Frau mit zwei Hunden kam. Die Frau herrschte die Brasilianerin wütend an, daß sie hier nichts zu suchen habe, und zerrte ihre Hunde mit dem Befehl »faß!« in die Richtung von Maria de Almeida Brito.

Die Sängerin, die inzwischen ihren Irrtum bemerkt hatte, versuchte wegzulaufen. Aber die Frau folgte ihr und schlug mit der Faust mehrmals unter Rufen wie »Negerschwein!« und »Ausländer raus!« auf sie ein. Erst als ein von den Hilferufen der Sängerin alarmierter Anwohner auf seinen Balkon trat, gelang es Maria de Almeida Brito in das Wohnhaus ihrer Freunde zu entkommen und diese um Hilfe zu bitten. Kurze Zeit später kehrte sie mit einem ihrer Freunde auf die Straße zurück. Die Frau stand immer noch vor dem Haus. Ehe sich Maria versah, wurde sie von der großen blonden Frau gepackt und in die rechte Wange gebissen.

Maria de Almeida Brito, die die Frau noch nie zuvor gesehen hatte, erstattete in derselben Nacht Strafanzeige. Bei ihrer Vernehmung gab sie den oben beschriebenen Sachverhalt zu Protokoll. Im Verlaufe der Ermittlungen stellte sich heraus, daß es sich bei der Täterin um die 32jährige Sabine K. handelte, die im Nachbarhaus von Marias Freunden Hauswartsfrau ist. Jene behauptete bei ihrer polizeilichen Vernehmung steif und fest, von der Sängerin angegriffen worden zu sein. Sie habe sich nur gewehrt, so Sabine K., und dabei möglicherweise »in Rage« in die Wange der Brasilianerin gebissen. Daß sie dabei auch ausländerfeindliche Beschimpfungen ausgestoßen habe, könne durchaus sein, weil sie sehr aufgeregt gewesen sei. Damit nicht genug, gab die Hauswartsfrau auch noch an, von Maria de Almeido Brito im Gesicht verletzt worden zu sein, und erstattete ihrerseits Strafanzeige gegen die Brasilianerin.

Im August vergangenen Jahres erreichte Maria de Almeida Brito die Mitteilung der Amtsanwaltschaft, das Verfahren gegen Sabine K. sei eingestellt worden. Die Begründung: Es bestünde kein Interesse an einer Strafverfolgung, weil die Streitigkeit auf einer privaten Auseinandersetzung beruhe. Außerdem habe sich die Hauswartsfrau bislang nichts zuschulden kommen lassen. Doch so schnell gab die Brasilianerin, die seit vier Jahren in Deutschland lebt und gerade an der Hans-Eisler-Schule in Ost-Berlin die Aufnahmeprüfung für ein Musikpädagogikstudium macht, nicht auf. Sie legte Beschwerde ein. Nächsten Donnerstag kommt es um 10 Uhr 45 im Saal 572 (Amtsgericht Moabit) nun doch noch zu einem Prozeß. plu

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