: Ost-Ost, West-West, Ost-West, West-Ost
■ Erstmals eine Ostberliner »Frauenwoche«/ Feste, Filme, Frauenkunst/ »Charlottenburger Frauenfrühling« im Westen
Mitte. »Wir hoffen, daß es voll, laut und heiß wird, daß sich Ost-Ost, West-West, Ost-West, West-Ost noch lieber haben als zuvor«, schreibt Marinka Körzendörfer, Sprecherin des Unabhängigen Frauenverbandes (UFV), mit leisem ironischen Unterton. Denn trotz vielbeschworener Frauensolidarität ist das Verständnis zwischen den östlichen und westlichen Frauen nach wie vor nicht besonders weit entwickelt. Mit einer »Frauenwoche« vom 3. März bis zum Internationalen Frauentag am 8. März, erstmalig auf Ostberliner Boden, sprich im »Haus der Demokratie« in der Friedrichstraße 165, will der UFV deshalb zur besseren Wahrnehmung der Differenzen und Gemeinsamkeiten beitragen.
Dabei soll nicht nur das weibliche Denkvermögen in Bewegung gesetzt werden, sondern auch — mit Kunstausstellungen, Filmen und Festen — Körper und Gefühle. Die Frauenwoche beginnt deshalb am Dienstag, den 3. März mit einer »Weiberfastnacht« inklusive Sambaband und den »Heavy Mädels«, der nächsten Tags der »Frauenpolitische Aschermittwoch« folgt. Thema: »Die Frau im (Zerr-)Spiegel der Medien«. Am 5. März folgt ein »Aktionstag gegen den Paragraphen 218«: Mechthild Bock, Mitautorin des Buches Vorsicht »Lebensschützer«, berichtet über die Aktivitäten von AbtreibungsgegnerInnen im Osten. Die Frage »Überlassen wir dem Bundestag die Entscheidung?« diskutieren Halina Bendkowski von der Berliner FrauenfrAKTION, die UFV-Abgeordneten Sibyll Klotz und Christina Schenk sowie die Juristin Susanne Baer. Nebenher werden Filme gezeigt.
Der 6. März ist hingegen der Kunst gewidmet. Unter anderem treten Gina Pietsch und Heide Bartholomäus mit ihrem Programm Deutschland einig Muttiland auf. Und am Samstag, den 7. März wird es ab 10 Uhr ein großes Ost-West-Frauentreffen geben. Geplant sind unter anderem eine Diskussion zum Thema »Männliche Frau oder weibliche Freiheit — Gleichheit oder Differenz?« und »Typisch Ost — Typisch West« als Beginn regelmäßiger Gespräche zwischen Frauen aus beiden Teilen der Stadt. Außerdem werden die Philosophinnen Hanna Behrendt und Eva Maleck-Levy Ergebnisse ihrer Arbeitsgruppe »Entmännlichung der Utopie« vortragen, und Bilkayis Erikli und Ulrike Hennig werden einen Diavortrag zum Thema »Frauen in Kurdistan — kurdische Frauen in der Bundesrepublik« halten.
Zum Abschluß soll der Internationale Frauentag im Kino Babylon zelebriert werden. Neben einer Informationsbörse über Frauenprojekte und einer Frauenfotoausstellung wird der Film Neue Frauen braucht das Land gezeigt. Die darin Portraitierten, Marianne Birthler (Bündnis 90), Beate Blechinger (CDU), Eva Kunz (SPD), Helga Schulte (FDP) und Petra Bläss (UFV/PDS), stehen für eine Podiumsdiskussion zur Verfügung.
Anschließend wird Pieke Biermann lesen, und das Potsdamer Kabarett spielt sein Stück mit dem hochprogrammatischen Namen: Hau mir in die Augen, Kleines.
Zur gleichen Zeit, genauer gesagt vom 1. bis 21. März, wird der »Charlottenburger Frauenfrühling« erblühen. In Zusammenarbeit mit der frauenpolitisch sehr rührigen Bezirksbürgermeisterin Monika Wissel (SPD) und der Frauenbeauftragten Brigitte Kippe haben Mitarbeiterinnen des Bezirksamtes ein umfangreiches Programm erstellt.
Es beginnt am Sonntagvormittag, 1. März, mit einer Vernissage von Florence Debray in der Galerie des »FFBIZ«. Der 3. März ist ab 18.30 Uhr im »Haus der Familie« den Problemen von Verkäuferinnen gewidmet: »Von morgens bis abends bedienen — wer bedient mich?« Am 4. März folgt, wie auch in Ost-Berlin, ein »Frauenpolitischer Aschermittwoch«: Die Bezirksbürgermeisterin empfängt ab 18 Uhr im Rathaus interessierte Frauen und Frauenprojekte, anschließend wird an einem Runden Tisch unter Mitwirkung von Prof. Christine Holzkamp das Thema »Frauen und Rassismus« diskutiert. Am 5. März, um 20 Uhr organisiert das Lesbennetzwerk eine Talk-Show im Café Extra Dry: »Lesben heute in Charlottenburg«.
Während die beiden letzten Veranstaltungen für Frauen reserviert sind, dürfen am Internationalen Frauentag auch Männer ins Rathaus Charlottenburg kommen. Er wird um 11 Uhr klangvoll mit einem Konzert eingeleitet, das die über 80jährige Charlottenburger Komponistin Alice Samter leitet. Karten für diese Aufführung von Werken Alice Samters, Clara Schumanns und Fanny Mendelssohns sind kostenlos bei der Frauenbeauftragten erhältlich. Um 13 Uhr wird eine Ausstellung über Kläre Bloch eröffnet, die in der Nazizeit lange Jahre Juden versteckte. Anschließend soll ein internationales Buffet dargeboten und ein riesiges Wandbild zum Thema »Frauen heute« zugunsten eines Charlottenburger Frauenprojekts versteigert werden. Am Abend tritt das Frauenkabarett »Missfits« auf. Parallel dazu gibt die Malerin Gisela Breitling ab 14 Uhr im »Verborgenen Museum« eine Matinee. Ute Scheub
Das gesamte Programm bis zum 21. März ist im Rathaus Charlottenburg bzw. für Ost-Berlin im Haus der Demokratie erhältlich.
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