: Doch noch kein Hollywood an der Elbe
■ Das I. Hamburger Filmfest war ein Publikumserfolg / Der programmatische Bogen braucht mehr Spannung
war ein Publikumserfolg/Der programmatische Bogen braucht mehr Spannung
„Gemessen an der nur fünfmonatigen Vorbereitungszeit, ist uns das Festival sehr gut gelungen“, bilanzierte Rosemarie Schatter gestern das erste Hamburger Filmfest. Mehr als 15000 Hamburger kamen zu den über 60 Filmen in die Festivalkinos, teilte Filmfest-Chefin Schatter mit. Hatten in den vergangenen Jahren das „Europäische Low-Budget-Filmforum“ und die „Kinotage“ um die Gunst des Publikums und der Branche gebuhlt, so hatten die AG Kino und das Hamburger Filmbüro das Filmfest nun gemeinsam organisiert.
Dabei waren Filme wie der Hollywood-Thriller Weiblich, Ledig, sucht... ebenso ausverkauft wie der ambitionierte politische Film Ein Lied für Beko über die Unterdrückung der Kurden in der Türkei - beides Produktionen, die für gewöhnlich im Kinoalltag heftig miteinander konkurrieren müssen. Höhepunkte waren George Sluizers Psychogramm eines besessenen Sammlers Utz, dessen Premiere Hauptdarsteller Armin Müller-Stahl zierte, oder Betrand Taverniers Anti-Drogenfilm Auf offener Straße, den der Regisseur dem Publikum persönlich vorstellte.
Den programmatischen Bogen ließ die Filmschau indes etwas vermissen. Fans des brasilianischen Kinos suchten in der Reihe „Focus Brasilien“ nach neueren Produktionen - viele Filme waren schon in Hamburg oder auch im Fernsehen zu sehen. Ähnliches zeigte sich auch in der Reihe „Das andere Hongkong Kino“, die zwar Klassiker wie A Touch of Zen wieder auf die Leinwand brachte, aber sonst nicht gerade mit Neuem glänzte.
Die begleitenden Seminarveranstaltungen des Filmfestes drehten sich um die allgemein schwierige Situation für kleine Filme und Kinos, und um neue Möglichkeiten der Filmförderung im europäischen Rahmen. Thorsten Teichert vom Filmbüro betonte, mit der Filmförderung müsse auch die intensive Förderung der Kinos einhergehen, damit die Filme ihr Publikum finden könnten: 1993 werden in Hamburg sechs Programmkinos schließen müssen, darunter auch das Broadway, das Joachim Flebbe Ende des Jahres aufgibt, weil die Miete unbezahlbar wird.
Das Festival als Branchentreff und Diskussionsforum zu etablieren, wird eine weitere Aufgabe im nächsten Jahr sein. Branchenkenner kamen einhellig zu der Meinung, daß die Veranstaltung, wenngleich vom Hamburger Publikum sehr positiv aufgenommen, in Zukunft eine eigene charakteristische Note nötig hat, die sie von den ebenfalls publikumswirksamen Festivals in Köln oder München abheben kann. jk
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