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Machtgerangel um die Besetzung des Medienrats

■ Parteien können sich nicht auf die Zusammensetzung des ersten berlin-brandenburgischen Gremiums einigen/ Westliche und männliche Dominanz

Berlin. Als im Frühjahr diesen Jahres der Medienstaatsvertrag zwischen Berlin und Brandenburg unterzeichnet wurde, feierten ihn die beiden Länderchefs Diepgen und Stolpe als einen ersten Baustein für ein gemeinsames Land Berlin-Brandenburg. Sonderlich tragfähig ist dieser nicht. Bereits zweimal mußte die Wahl seiner Mitglieder verschoben werden, weil die Parteien sich nicht einigen konnten. Eine Lösung ist nicht in Sicht.

Drei Monate lang suchten die Brandenburger und die Berliner getrennt ihre Kandidaten. Als Anfang September die ersten Namenslisten auftauchten, stellten die Beteiligten mit Erschrecken fest, daß sich unter den Favoriten keine Frau befand, zudem kam von den sieben Kandidaten nur einer aus dem Osten. Die brandenburgische SPD schlug den ehemaligen Hamburger Justizsenator Frank Dahrendorf vor und trat das Vorschlagsrecht für den zweiten ihr zustehenden Posten an die Koalitionspartner von der FDP und dem Bündnis 90 ab. Deren Fraktionen einigten sich auf den Altbundespräsidenten Walter Scheel (FDP).

Die CDU nominierte den einzigen Ostler in der Runde, ihren Cottbusser Kreisvorsitzenden Ralf Limbach. Die Berliner CDU griff auf die bewährten Kabelratskräfte ihrer Partei, den ehemaligen Senatssprecher Winfried Fest und den Anwalt Jost von Trott zu Solz, zurück, die SPD nominierte ihr ehemaliges Kabelratsmitglied Hermann Mein. Einig waren sich die Berliner und die Brandenburger darin, dem bisherigen Vorsitzenden des Kabelrates, Erst Benda (CDU), auch den künftigen Vorsitz anzutragen. Völlig unzufrieden ist die Berliner SPD mit der Besetzung der übrigen Posten. Es gehe, nach Ansicht des Fraktionssprechers Peter Stadtmüller, nicht an, daß seine Partei zwar in beiden Landesregierungen vertreten sei, im Medienrat jedoch nur insgesamt zwei Vertreter entsende, während die CDU hingegen vier Posten besetze. „Wir rechnen anders“, kontert CDU-Fraktionssprecher Markus Kaufmann. Der Vorsitzende, so sein Kalkül, werde von beiden Parlamenten gewählt, erst hernach würden jeweils die übrigen drei Positionen nach Parteiproporz besetzt. Entsprechend stehen der CDU in Berlin zwei Nominierungen zu. Die SPD fordert nun, daß die Zusammensetzung neu gemischt wird, und will einen bilateralen Runden Tisch einberufen. Die Brandenburger aber sehen bei sich keinen Handlungsbedarf. Der medienpolitische Sprecher der brandenburgischen SPD, Friedhelm Schmitz-Jersch, hält die eigene Landesliste für ausgewogen und sieht „keinen Anlaß zu ändern“. Auch sein Kollege von der FDP, Siegfried Lietzmann, ist, trotz Frauen- und Ostlermangel, „zufrieden“. „Kein weiterer Nachverhandlungsbedarf“, meldet er in Richtung Berlin.

Stadtmüller hingegen erwartet „von allen Beteiligten Bewegung“. Der bestehenden Besetzung kann sein Vorsitzender Ditmar Staffelt auf keinen Fall zustimmen, will er nicht eine geharnischte Kritik auf dem kommenden SPD-Parteitag Ende Oktober riskieren. Da eine Kandidatin, die SPD und CDU gleichermaßen gefällt und zudem aus dem Osten kommt, nicht in Sicht ist, muß ein Kompromiß zwischen den beiden Regierungsparteien gefunden werden, der Konflikt kann sich folglich noch einige Zeit hinziehen.

Einer, der kaum noch warten kann, ist der Direktor der Medienanstalt, Hans Hege. Seine Arbeit „leidet darunter“, denn ohne Medienrat können keine Frequenzen vergeben werden. Anbieter wie der Nachrichtenkanal n-TV müssen weiter in den Startlöchern hocken bleiben, die brandenburgische Privatfunklandschaft bleibt ungeordnet. Doch nicht nur die praktische Arbeit nimmt nach Heges Einschätzung Schaden. Immerhin sei das Ganze ja als ein Modell für die Zusammenarbeit von Berlin und Brandenburg gedacht. „Und wenn das schon nicht hinhaut ...“ Dieter Rulff

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