■ Humorloser Bürgermeister macht sich zum Narren: Umweltsünder will Fasching verbieten
Markt Kaltental (taz) – Im Ostallgäuer Markt Kaltental gibt es zur Zeit nur noch ein Thema: den bevorstehenden Faschingsumzug. Den will nämlich der Bürgermeister der 1.300-Seelen-Gemeinde, Fritz Taufratshofer (CSU), verbieten lassen. Der Grund: Die örtlichen Vereine von Frankenhofen, einem Ortsteil von Kaltental, wollen in einem Faschingsspiel und auf einem Festwagen die sogenannte „Klärsand-Affäre“ darstellen, in der der Gemeindechef eine unrühmliche Rolle gespielt hat.
Der Bürgermeister war in die Mühlen der Justiz geraten, als er rund fünfzehn Kubikmeter Klärsand nicht auf der Deponie, sondern in einer alten Kiesgrube in einem Waldstück hatte verbuddeln lassen. Er wollte damit der Gemeinde Geld sparen, hatte der Bürgermeister der Lokalzeitung gegenüber erklärt. Nun hat die Staatsanwaltschaft vorgeschlagen, das Ermittlungsverfahren gegen den Umweltsünder einzustellen – gegen Zahlung einer Geldbuße.
Der ganze Vorgang ist für Walter Kögel vom „Anti-Wirker- Club“, einem örtlichen Gaudi-Verein, ein ideales Thema für einen Faschingswagen. Ebenso wird das auch in der Nachbargemeinde Pforzen gesehen. Doch der Gemeindechef sieht alles ganz anders. Er will die Faschingsumzüge verbieten lassen. „Bei einer Vorständeversammlung hat unser Bürgermeister gesagt, wenn so was kommt, wenn er also da im Fasching gespielt wird, verbietet er den Faschingsumzug“, berichtet Walter Kögel von der letzten Sitzung des Clubs. Allerdings kann der Bürgermeister gar kein Verbot aussprechen, selbst wenn ein solches gerechtfertigt wäre. Dafür ist das Landratsamt Ostallgäu in Marktoberdorf zuständig. Dort schlägt man jedoch über des Bürgermeisters Ansinnen die Hände über dem Kopf zusammen. Pressesprecher Manfred Zahn: „Da müßten wir ja reihum Faschingsumzüge verbieten, denn die Vorgänge um den Bürgermeister sollen ja auch bei anderen Veranstaltungen dargestellt werden.“ Im übrigen sehe die Behörde überhaupt keinen Anlaß für ein Verbot, das auch noch nicht offiziell beantragt ist. Der Bürgermeister solle nicht vom Landratsamt erwarten, daß es ihn in einer solchen Situation schütze, er könne ja auf zivilrechtlichem Wege gegen die Veranstalter vorgehen, wenn er sich verunglimpft fühle. Genau das scheint der Gemeindechef vorzuhaben. Er selbst war zwar für eine Stellungnahme nicht erreichbar, seine Frau sagte der taz aber, ihr Mann würde sowieso einen Anwalt einschalten. Man dürfe doch nicht ein laufendes Verfahren zum Gegenstand eines Faschingsauftritts machen. Dem Vernehmen nach hat der humorlose Bürgermeister inzwischen sogar mit seinem Rücktritt gedroht, sollte er zum Gegenstand eines Faschingswagens werden. Klaus Wittmann
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