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Nur durch Zufall gab es keine Toten

■ Die Welle der ausländerfeindlichen Anschläge reißt nicht ab / Jugendstrafen wegen Mordversuch in Göttingen / Skinhead wurde festgenommen, der Flüchtlingsheim am Bodensee in Brand stecken wollte

Berlin (AFP/AP/taz) – Die Welle der gegen Ausländer gerichteten Anschläge reißt nicht ab. Ein von Italienern bewohntes Haus in der südbadischen Doppelstadt Waldshut-Tiengen ist in der Nacht zum Dienstag in Brand gesteckt worden. Das Haus brannte völlig nieder. Eine 36jährige Frau und ein 39jähriger Mann waren nach Angaben der Polizei gestern wegen Schocks noch im Krankenhaus in Behandlung. Die übrigen 19 BewohnerInnen wurden provisorisch untergebracht. Die Polizei geht von vorsätzlicher Brandstiftung aus, kennt aber weder Täter noch konkretes Tatmotiv. Zufällig vorbeikommende Polizisten hatten den Brand bemerkt.

Ein Brandanschlag auf das Haus einer marokkanischen Familie in Wegberg-Rickelrath bei Mönchengladbach in der Nacht auf Dienstag geht offenbar auf das Konto von Rechtsextremisten. Zwei erwachsene Frauen und vier Kinder im Alter zwischen neun und 15 Jahren, die sich in dem Haus aufhielten, blieben nach Angaben der Staatsanwaltschaft unverletzt. An der Hauswand sei ein mit schwarzer Farbe aufgesprühtes Hakenkreuz gefunden worden. Die Täter hätten zwei Brandsätze im Eingangsbereich des Hauses plaziert und einen weiteren in ein gekipptes Fenster geworfen.

Auch auf ein Mietshaus in Kerpen bei Köln, in dem viele Ausländer wohnen, ist in der Nacht zum Montag ein Brandanschlag verübt worden. Wie die Polizei mitteilte, wurde im Flur des ersten Obergeschosses brennbare Flüssigkeit ausgeschüttet und angezündet. Ein 48jähriger Türke habe das Feuer frühzeitig entdeckt und mit einer Fußmatte erstickt.

Ein 19jähriger Skinhead wurde festgenommen, weil er ein Asylbewerberheim bei Meersburg am Bodensee anzünden wollte. Nach Angaben des LKA gab der Geständige als Motiv abgrundtiefen Haß auf alle Ausländer an. Der junge Mann soll in der vergangenen Woche mehrere Bekannte aus der regionalen Skinhead-Szene angesprochen haben, um sie zur Mittäterschaft zu bewegen. Daß der Anschlag nicht ausgeführt wurde, sei nur dem Umstand zuzuschreiben, daß der Skinhead bis zu seiner Festnahme keine Mittäter fand.

Bei einem Überfall Rechtsradikaler auf die Besucher einer Diskothek im sächsischen Wilthen sind zwei Menschen verletzt worden, einer davon schwer. Wie die Polizei in Bautzen mitteilte, ereignete sich der Überfall in der Nacht zum Montag. Zehn rechte Jugendliche seien vor der Diskothek „regelrecht ausgeflippt“ und hätten zwei herauskommende Besucher krankenhausreif geprügelt. Ein 18jähriger und ein 19jähriger wurden am Tatort festgenommen.

Zu vier Jahren Jugendstrafe sind gestern zwei 18 und 19 Jahre alte Männer wegen eines Brandanschlags auf ein Asylbewerberheim in Bad Lauterberg (Niedersachsen) verurteilt worden. Das Landgericht Göttingen sprach die Angeklagten des versuchten Mordes und der Brandstiftung für schuldig. Die Männer hatten gestanden, am 29. August 1992 fünf Molotow- Cocktails auf die Unterkunft geworfen zu haben. Der Vorsitzende Richter sagte, die Angeklagten hätten genau gewußt, daß sich in dem Haus Menschen aufhielten und den Tod der Bewohner zumindest billigend in Kauf genommen.

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