■ Olympia: Geiziges Fernsehen
New York (dpa) – Schon vor den Verhandlungen über die US-Fernsehrechte für die Olympischen Spiele 1996 in Atlanta am Dienstag und Mittwoch in New York scheinen die kühnen Wunschträume des Organisations-Komitees (ACOG), 500 Millionen Dollar zu kassieren, zum Scheitern verurteilt. Mehr als 450 Millionen Dollar wollen die Networks nicht bezahlen. Zum Vergleich: Die Europäische Rundfunkunion (EBU) erhielt die Rechte für Atlanta für 250 Millionen Dollar und Richard Pound vom IOC prophezeite, daß der europäische TV-Markt beim Rechteverkauf für die Spiele im Jahre 2000 erstmals mehr Geld bringen würde als der amerikanische. NBC hatte für Barcelona 401 Millionen Dollar bezahlt und dabei ein Minus von mehr als 100 Millionen Dollar gemacht.
„Olympia war einmal das begehrteste Sportereignis, und Atlanta ist sicher die Mega-Veranstaltung des Jahrzehnts, aber in der heutigen Wirtschaftslage wird nicht mehr um jeden Preis gekauft und gesteigert“, sagte Dennis Swanson, ABC-Sportchef. Seit CBS durch seinen Vier-Jahres-Vertrag mit der Baseball-Profiliga mehr als 500 Millionen Dollar verloren hat, sind die Verantwortlichen vorsichtig geworden. „Kein Network braucht die Olympischen Spiele, wenn der Preis zu hoch ist und es einen garantierten Verlust geben wird“, sagte der frühere ABC-Sportchef Roone Arledge, „es wird keinen verrückten Preiskrieg geben“.
Genau darauf aber hofft ACOG. Die Austragung der Olympischen Spiele wird 1,57 Milliarden Dollar kosten, und mehr als ein Drittel dieser Summe soll durch den Verkauf der weltweiten Fernsehrechte eingenommen werden. „Wir glauben, daß wir das wertvollste TV- Produkt aller Zeiten verkaufen“, so ACOG-Chef Billy Payne, „das gibt es natürlich nicht umsonst.“
Um Kosten und Restrisiko so gering wie möglich zu halten, will sich jedes Network das Unternehmen „Atlanta '96“ mit einem Kabelsender teilen. ABC plant sogar eine Berichterstattung auf vier verschiedenen Kanälen, worauf die Tageszeitung USA Today feststellte: „Olympia war einmal die süßeste Pflaume der Fernsehlandschaft. Wird sie jetzt allen Beteiligten sauer aufstoßen?“
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