Der Tod des Yilma Wondwossen B. in Berlin

■ Asylbewerber vor Abschiebung ertrunken

Berlin (taz) – Im trüben Teltowkanal fand man am 1. Mai die Leiche eines Mannes. „Er wollte wohl schwimmen und ist untergegangen“, befand die Mordkommission.

Der Tote war aber Nichtschwimmer. Er war auch nicht erwünscht in Deutschland. Er war Asylbewerber, und als solcher abgewiesen: Sein Antrag wurde nach 28 Minuten Verhandlungsdauer in seiner Abwesenheit als „offensichtlich unbegründet“ abgewiesen, seine Abschiebung stand bevor. Aufgehalten wurde die zunächst durch seine Erkrankung: Der Äthiopier Yilma Wondwossen B. war vor seinem Tod immer wieder Patient der Psychiatrie gewesen, mit einem eindeutigen Befund: „hochgradige Selbstmordgefahr“ wurde dem 31jährigen bescheinigt, der zum Schluß an einer „paranoid-halluzinatorischen Psychose des schizophrenen Formenkreises“ litt. Er könne sich ja in seiner Heimat weiterbehandeln lassen, lautete die amtliche Empfehlung. Daß die Verfolgungsängste des Oppositionellen mit seinen Erfahrungen in der Heimat zusammenhängen, konnte naturgemäß nicht berücksichtigt werden. Das psychiatrische Gutachten paßt zum Tod des Nichtschwimmers, nicht aber der Obduktionsbefund: Große Blutergüsse an der Leiche und andere Indizien deuten auf Gewaltanwendung hin. Über das Leben und den Tod eines Asylbewerbers: Seite 12