Seehofer für automatischen Aids-Test

■ Patienten sollen aber Widerspruchsrecht bekommen

München/Mainz (dpa/AP) – Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) hat einen automatischen Aids-Test bei allen Blutentnahmen in Kliniken oder Arztpraxen gefordert. Er sagte am Dienstag in München, es sei nicht einzusehen, daß Blut zu Diagnosezwecken auf alles mögliche untersucht werde, nur ausgerechnet nicht auf HI-Viren. Sein Vorstoß sei eine Konsequenz aus dem Skandal um HIV-verseuchte Blutpräparate.

Der Minister wurde sofort kritisiert: Der Vorschlag sei „nicht gut überlegt“, als logische Konsequenz folge die Testung aller Deutschen, warnte der Leiter des Hämophiliezentrums München, Professor Wolfgang Schramm. Seehofer schlage den „Einstieg in die allgemeine Meldepflicht“ vor, die aber kaum durchführbar sei. Jetzt beginne die gleiche Diskussion wie vor rund acht Jahren, die der damalige bayerische Innenstaatssekretär Peter Gauweiler (CSU) initiiert hatte.

Seehofer betonte jedoch: „Das hat mit Zwang oder namentlicher Meldepflicht nichts zu tun. Eine Änderung der Grundpfeiler unserer Aids-Politik wird es nicht geben.“ Nach seinen Plänen sollen die Ergebnisse der Tests „absolut anonym“ weitergegeben und bundesweit ausgewertet werden. Die bisherige anonyme Labormeldepflicht sei ungenügend. Für den neuen Test sei ein Bundesgesetz notwendig, doch müsse dem Patienten, ähnlich wie bei Organtransplantationen, ein Widerspruchsrecht eingeräumt werden.

Unterdessen tagte erstmals der Mainzer Landtagsuntersuchungsausschuß zum Aids-Blut-Skandal. Seehofer, sein Mainzer Kollege Ullrich Galle und der Koblenzer Regierungspräsident Gerd Danco sollen unter anderem als Zeugen auftreten. Das Gremium soll aufklären, in welchem Umfang HIV- verseuchtes Blut in Rheinland- Pfalz gesammelt, hergestellt und von dem Bundesland aus in Verkehr gebracht worden ist. Auch soll überprüft werden, ob die zuständigen Landesbehörden die Blutbranche vorschriftsmäßig überprüft haben. Die Arbeit des Ausschusses zielt vor allem auf die Vorgänge um die Koblenzer Skandalfirma UB-Plasma. Der Firma wird vorgeworfen, Blutprodukte unzureichend auf HIV getestet zu haben.

Gerinnungsmittel, die aus Blutplasma des Koblenzer Unternehmens hergestellt wurden, werden nun auch in Kanada aus dem Verkehr gezogen. Die Nachricht kam ausgerechnet an dem Tag, an dem eine staatliche Untersuchungskommission ihre Arbeit wegen eines kanadischen Blut-Aids-Skandals aufnimmt. Über 1.000 Menschen sind mit dem HI-Virus infiziert worden, bevor in Kanada Blutproben getestet wurden.

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