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Weihnachten: Vollwertkost?

■ Erweitertes Angebot im Naturkostladen / Tendenz zum Preiskampf

An Ernährung denken viele erst dann, wenn es zu spät ist. Wenn die Weihnachtsgans schon den Bauch zum Anschwellen gebracht hat und die viele Weihnachtsschokolade ihr übriges bei der Verdauung angerichtet hat. So mancher Vorsatz zur gesunden Ernährung wird zwischen den Jahren gefaßt. Einige Fragen zum Thema Naturkost hat Helga Gertje der taz beantwortet. Sie ist Referentin für Ernährung und Gesundheit in der Erwachsenenbildung mit dem Schwerpunkt Vollwerternährung und unterrichtet unter anderem beim Verein Scarabeus in der Ökologischen Akademie Hosüne bei Oldenburg.

taz: Gibt es Tabus? Etwas das man auf keinen Fall essen sollte?

Helga Gertje: Einer der Erforscher der Naturkost hat mal gesagt – das ist gerade in Bezug auf die Weihnachtszeit wichtig – es sei realtiv unwesentlich, was wir zwischen Weihnachten und Neujahr essen, viel wesentlicher sei, was wir zwischen Neujahr und Weihnachten essen. Man kann ruhig mal Schokolade und andere Sachen genießen, wenn man grundsätzlich dazu übergeht naturbelassene Nahrung zu essen, den Gemüse-, Obst- und Vollkornanteil in der Ernährung zu erhöhen. Fleisch und Fisch sind in Maßen empfohlen. Es gibt keine Verbote.

Woran erkenne ich, daß auch Naturkost drin ist, wo Naturkost drauf steht?

Da gibt es die anerkannten Naturkostverbände, die in der Arbeitsgemeinsschaft „Ökologischer Landbau“ zusammengefaßt sind. Die haben ihre Warenzeichen: Bioland, Demeter, Naturland, Biokreis Ostbayern, ANOG, Ökosiegel, ECO VIN (Bundesverband ökologischer Weinbau), für die neuen Bundesländer auch GÄA. Das steht aber nicht auf jeder Verpakkung drauf. Es gibt auch Markenartikel wie zum Beispiel „Rapunzel“ die sich dafür verbürgen, daß die Rohstoffe aus ökologischem Anbau kommen. Es gibt jetzt die EG- Bioverordnung, die eine EG-Prüfnummer vorschreibt. Und die sollte auf den Waren drauf sein. Ein sicheres Zeichen ist, wenn man in Läden geht, die sich dem Bundesverband Naturkost/Naturwaren angeschlossen haben, die haben Sortimentsrichtlinien.

Gibt es Lebensmittel, die in Naturkostläden gesünder sind?

Ja, bei Brot ist es denke ich, sehr weit fortgeschritten. Weil der Geschmack viele überzeugt. Das Gemüse überzeugt auch aufgrund des besseren Geschmacks und durch das Wissen, daß es ohne Pestizide angebaut ist.

Welches Klientel kauft Naturkost?

Das geht durch alle Schichten. Besonders wenn Kinder geboren werden und während der Schwangerschaft wird immer wieder festgestellt, daß der Weg zur Naturkost gesucht wird. Auch gravierende Krankheiten sind oft ein Anstoß zum Umdenken. Es nimmt immer mehr zu, daß Menschen durch die Umweltzerstörung auf die Probleme aufmerksam gemacht werden und versuchen, etwas in ihrem eigenen Alltag dagegen zu tun.

Bei welchen Krankheiten greifen die KonsumentInnen zu Naturkost?

Vorwiegend bei Allergien, meistens bei Kindern, da macht die Ernährung im Krankheitsbild eine Menge aus. Oder bei Krebserkrankungen.

Welche Innovationen gibt es innerhalb der Naturkost?

Zur Zeit gibt es eine sehr bewußte Auseinandersetzung mit neuen Technologien, zum Beispeil mit Bestrahlung oder Gentechnik. Beides wird abgelehnt. Die Mikrowelle ist ebenfalls nicht für eine natürliche Nahrungszubereitung geeignet. Im Bereich der Naturkost gibt es neuerdings zunehmend Fertiggerichte, die aber nur ein Kompromiß sind, da sie nicht den Bedingungen der frisch zubereiteten Nahrung entsprechen. Es gibt jetzt die gesamte Bandbreite der Nahrungsmittel im Naturkostladen. Das war früher nicht so.

Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?

Das ist schwierig, denn zum einen kann man Leute damit erreichen, die bisher noch einen Teil im Supermarkt gekauft haben. Wobei man immer beachten muß, daß jeder Verarbeitungsschritt Energie kostet und Nährstoffverluste bringt, und das ist im Grunde ein Schritt fort von Naturkost. Auf der anderen Seite hat sich die Anbaufläche des ökologischen Anbaus im letzten Jahr verdoppelt, so daß es wichtig ist, daß auch viel mehr Menschen erreicht werden können.

Haben sich dadurch die Preise verändert?

Es gibt eine Tendenz zum Preiskampf. Durch die vergößerte Anbaufläche wird viel mehr Ware auf den Markt drängen. Diese wird zum Teil über die Supermarktketten abgesetzt werden. Da entsteht ein Preisdruck. Es kann sein, daß die Preise total purzeln. Bei Getreide ist es bereits so, daß für die Erzeuger die Preise gesunken sind. Für die Kunden ist das noch nicht zum Tragen gekommen. Diese Entwicklung wird erstmal auf Kosten der Landwirte gehen, die eine ökologische Landwirtschaft betreiben.

Vivianne Agena

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