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Datteln mit Pinguin

■ Minenjagdboot bei Lürssen vom Stapel gelaufen / Aussicht: finster

Am meisten freute sich Datteln. Datteln ist eine zu vernachlässigende Kleinstadt bei Recklinghausen und für seinen Bürgermeister bekannt, der verbalradikale Sprüche gegen Asylbewerber liebt. Derselbe Bürgermeister war gestern zu Gast in Bremen, um den Stapellauf eines neuen Schiffes zu begehen. Ein scharzrotgold geschmücktes Minenjagdboot für die Bundesmarine wurde auf der Lürssen- Werft in Lemwerder „in sein Element abgeslippt“. Frau Bürgermeister taufte es unter den Jubelrufen Dattelner Bergleute auf den Namen „Datteln“.

Viel blaues Tuch mit Goldknöpfen, viele ranghohe weiße Mützen, sogar ein Admiral war da und ein Ministerialdirigent des Verteidigungsministers: Die „Datteln“ ist gleichzeitig ein Hochqualitätsprodukt der deutschen Rüstungsindustrie und ein Menetekel. 20 Jahre lang haben die „mittelgroßen“ Werften Lürssen, Abeking & Rasmussen und die Kröger-Werft in Rendsburg Minensucher Minenjäger und Minenleger für die Bundeswehr gebaut; jetzt stehen noch drei Aufträge aus, dann ist Schluß. Folgeaufträge sind nicht in Sicht. Einzige Hoffnung des STN-Chefs Hoffmann: die „Harmonisierung“ der Rüstungsexport-Beschränkungen“, die derzeit auf Bundesebene eingefädelt wird.

Die „Datteln“ gehört zu einem Programm der sogenannten „Klasse 332“ mit einem Volumen von rund 1,2 Milliarden DM für zehn Boote. Systemführer war die Bremer Systemtechnik Nord (STN im Vulkan Verbund), die auch eine Spezialität des neuen Minenjägers entwickelt hat: Eine sog. Drohne mit dem harmlosen Namen „Pinguin“, ein unbemanntes Unterwasserfahrzeug, befestigt an entdeckten Minen eine Sprengladung, die in sicherer Entfernung zur Explosion gebracht wird. Die „332“ ist außerdem mit einem neuen Minenerkennungssystem ausgerüstet, das Atlas Elektronik geliefert hat. Die neue Technologie der 332-Klasse löst das fehleranfällige Verfahren ab, Minen mithilfe nachgeschleppten Geräts auszulösen: Inzwischen reagieren bestimmte Minen zum Beispiel nur noch auf ganz gewisse Schiffsmotorengeräusche.

Ohne die vielen Paradeuniformen, die unter Waffen und Schweigepflicht stehenden Jungs vom Marinesicherungsbataillon 1 (“Augen geradeaus - Haaaand ab!“) und das Grau des Schiffsrumpfes könnte man die unbewaffnete „Datteln“ leicht für ein Arbeitsgerät des Bombenentschärfers Harry Warrelmann halten. Der frischgebackene „Datteln“-Kommandant Franz- Dietmar Dahlmann, räumt, wie er angibt, nur immerfort alte Weltkrieg-II- Minen aus der Ostsee. Und auch Herr Weyand von der Hardthöhe vertritt ganz die Softlinie seines gedemütigten Ressorts: Die neue Sprachregelung bezüglich des Auftrags „Datteln“ lautet „Verteidigungsvorsorge“.

Mißtöne ins allseitige friedenssichernde Wohlgefallen brachte nur Herr Werner, Dattelns erster Bürger, der in Lemwerder wohl die Rede seines Lebens hielt. Gorbatschow als Zersetzer deutschen Wehrwillens, die blauen Jungs als die getretenen Hunde der Nation, das Volk vor dem Untergang. Doch Datteln hält dagegen: In einer Sondersitzung des Stadtrates beschloß man seinerzeit den Antrag auf Patenschaft für den neuen Minenjäger. Dafür durfte seine Frau Margot die Flasche werfen. Die Nationalhymne, ein dreifach „Hip- Hip- Hurrah!“ der angetretenen Marinesoldaten - und das Schiff tauchte in die Weser ein . Bus

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