■ Typisch liberal: Der Wille zur Macht
Waren es die gefönte Frisur oder die frisierten Finanzen? Galt die Attacke der Fraktion, wie nach den ersten Beschlüssen zu mutmaßen, tatsächlich der Rechnungsführung des Parlamentarischen Geschäftsführers Jürgen Biederbick, oder war das Ganze ein Komplott der Parteirechten gegen die linke Liberale von Braun? Fragen über Fragen und nur eine Antwort: typisch FDP. Der „Skandal“ um die Dauerwelle der Partei- und Fraktionsvorsitzenden Carola von Braun ist von jenem einzigartig freidemokratischen Strickmuster, bei dem das Augenscheinliche nur der willkommene Anlaß ist, mit dem hintergründig Wirkungen erzielt werden. Nur noch naive politische Geister glauben, daß Politiker, so sie zurücktreten, über das gestolpert sind, was ihnen zuvor vorgehalten wurde. Vielmehr werden sie nicht mehr „gehalten“, und in diesem labilen Status der Macht- und Alternativlosigkeit befinden sie sich in der Regel bereits geraume Zeit vor ihrem Sturz.
Auch Carola von Brauns Agieren glich über Monate einem Pudding, der sich erfolgreich weigert, an die Wand genagelt zu werden. Noch im Dezember umging sie knapp die parteiinternen Fallstricke, die um das Finanzgebaren der FDP-eigenen Druckerei DAVID ausgelegt waren. Schon damals war es nur eine Frage der Zeit, bis die Opponenten sie zum Stolpern bringen würden. Daß diese zunächst den Rücktritt Biederbicks als Bauernopfer akzeptierten, statt gleich den Kopf der Dame zu fordern, verdeutlicht wiederum die Kraft- und Konzeptionslosigkeit der Frondeure. Auf diese Weise demontierten die Liberalen im taktischen Spiel so nebenbei ihren anerkanntesten Parlamentarier. Nun aus dem freidemokratischen Kaffeesatz einen Rechts-Links-Konflikt lesen zu wollen ist ein genauso beliebtes wie müßiges Unterfangen. Wo die Programmatik noch nie eine bindende Klammer war, wo alle Fraktionen so schwach agieren, sind einzig starke Personen gefordert. Rexrodts Nominierung ist die schnelle Kanalisierung des Konfliktes, keinesfalls seine Lösung. Er repräsentiert vielmehr, was die FDP letztendlich schon immer einte: der Wille zur Macht. Dieter Rulff
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