■ Wem gehört die Revolution?: Denk mal
Wenn es gilt, ein politisches Feld symbolisch zu besetzen, verhalten sich Linke und Konservative wie Haase und Igel. Seit Monaten nötigt ein umbenennungswütiger Verkehrssenator Sozialdemokraten, Grünen und Bürgerbewegten eine Debatte um die Legitimität des sozialistischen Erbes auf, indem er dessen Niederschlag im Straßenbild tilgt. Daß inzwischen der Status quo das Beste ist, was diese Auseinandersetzung an Ergebnissen zeitigen kann, zeigt die heillose Defensive, in der sich die um ihr Erbe Beraubten befinden. Die sporadische Offensive, die sich des reaktionären Vermächtnisses im Straßenplan annimmt, ist allenfalls als rhetorischer Entlastungsangriff zu werten. Mit dem Vorschlag, der friedlichen Revolution ein Denkmal zu setzen, hat der CDU-Politiker Liepelt nicht nur einen Beitrag zur Stadtgestaltung geleistet. Er hat vielmehr zugleich für seine Partei den Anspruch formuliert, über das Vermächtnis dieser Revolution zu befinden. Der Anspruch ist legitim, finden sich doch unter den so Geehrten auch Christdemokraten. Und er ist perfide, spielt er doch das Erbe Lenins gegen das der 89er Umwälzung aus. Daß der Frage, wo und wie sich welche soziale oder politische Bewegung im Stadtbild widerspiegelt, eine eminente Bedeutung beikommt, dafür muß den Linken ihr eigenes Engagement im Straßennamenkampf hinreichender Beleg sein. Doch scheinen sie die Lektion wiederum nicht begriffen zu haben. Ein vorschneller Rückzug ins tagespolitisch Pragmatische, die reduzierte Forderung nach Förderung der Basisinitiativen, überläßt den Konservativen auch dieses Feld der symbolischen Repräsentanz – noch bevor es abgesteckt ist. Dieter Rulff
Siehe Artikel Seite 19
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