■ Standbild: Zur Hölle mit dem MDR
„Esprit“, Dienstag, Nord 3, 16.15 Uhr
1952 war ein gutes Medienjahr. In den Zeitungen lümmelten sich Bikinigirls auf fliegenden Untertellern; Schwyzer Mannsbilder bekamen Besuch von galaktischen Geliebten. Für die Redaktion Wissenschaft und Bildung des Mitteldeutschen Rundfunks sind das heute noch handfeste „Infos“, an denen es sich fachkundig abzuarbeiten gilt.
So erklären sie den orangenfarbigen Marmeladenklecks in der Optik eines Air-Force-Piloten als verglühten Russen-Satelliten – und sich selbst zu Paukern, die ihren angeödeten SchülerInnen echt locker und schnittchenweise die olle Physik rüberbringen wollen.
Unter dem Stichwort „Himmel und Erde“ tauchen neben den Ufos in clippigen Erklärfilmchen am Anfang Bodybuilder auf – und siehe da: Auch „Mutter Erde nimmt täglich 1.500 Tonnen zu“, wegen abstürzender Meteoriten, die offenbar meist auf Torten und vor Forscherkameras plumpsen.
Aber bevor noch mehr unbekannten Flugobjekte über den Schirm zischen, wird erst mal ein abgestandenes Popvideo eingeschoben: Boney M.s „Brown girl in the ring“ – trallalallala. So ist auch bald klar, wem die Leipziger Nachhilfesender nacheifern: den nervtötenden Fun-Funkern im Radio nämlich, diesen geistigen Weichspülern. Die „Esprit“-Macher haben sich sogar getraut, erstmals in der Geschichte der Wissenschaftsreportage das Zwei-Ebenen-Format einzuführen – der Bericht über Weltraumschrott ist mit gleichermaßen bedeutendem seicht-poppigem Akustikmüll unterlegt. Wenn schon, dann wenigstens die Chaostheorie im Groove des Hardcore-Rap.
Auch die neuen „Phänomene“ der Sendung sind so spannend wie eine zerfledderte Boulevardzeitschrift im Wartezimmer. Eine Cartoon-Rakete im Design einer Schraube mit Dübel bohrt ein Loch quer durch die Erde (oh, Jules Verne, vergib ihnen!), um zu fragen, ob das Wasser der Antarktis beim Durchlauf Berlin überschwemme – aber die Gewichtskraft sorgt bloß für seichte Meeresspiegelhöhe.
Land unter dagegen bei dieser Science-Show für abgehärtete ZuschauerInnen, die selbst bei den pubertierenden Schmalzsongs der „Prinzen“ nicht mehr abschalten. Solchen Medien- Mutanten gehört die Zukunft – und zur Hölle mit dem MDR. Dieter Deul
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