: Hungerstreik geht weiter
■ Die Kapazitäten in den ZASten muß man nutzen, sagt die Regierung in Hannover. 100 Flüchtlinge sollen aber nach Delmenhorst verlegt werden
Die Regierung von Niedersachsen plant, für hundert Flüchtlinge der Blankenburger Zentralen Annahmestelle (ZASt) Platz in einer Delmenhorster Außenstelle zu schaffen. Vor allem Familien mit Kindern sollen dort ein Unterkommen finden, sagte gestern der Referent im Landesministerium für Bundesangelegenheiten, Herbert Jelit, gegenüber der taz. In Blankenburg sind am Montag rund 40 Asylsuchende in Hungerstreik getreten, um für eine Verlegung aus dem Sammellager in die Gemeinden zu demonstrieren, wie sie das Asylverfahrensgesetz nach drei Monaten vorsieht. Die Entscheidung der Landesregierung für die geplante Verlegung nach Delmenhorst bedeute jedoch nicht, daß AsylbewerberInnen wieder von den Gemeinden selbst untergebracht werden sollen, betonte Jelit. Vielmehr will die Landesregierung die Asylsuchenden prinzipiell in den ZASten lassen: „Wir haben aufgrund der massiv zurückgegangenen Asylbwerberzahlen in den ZASten Kapazitäten frei, die wir nutzen müssen.“ Das sei angesichts leerer Staatskassen nicht zu umgehen. Die bislang von den Gemeinden eingerichteten Unterkünfte für AsylbewerberInnen könnten also anderweitig genutzt werden, z.B. als billiger Wohnraum für Einheimische.
Für die Asylsuchenden sollen bisherige „Erstaufnahmeräume“ umgewidmet werden in sogenannte „Gemeinschaftsunterkünfte“: „Die Unterbringung erfolgt zwar am gleichen Ort, aber unter günstigeren Bedingungen als in den ersten drei Monaten“, erläuterte der Referent. Familien zum Beispiel bekommen mehr Platz pro Person.
Die Situation in Blankenburg habe sich deshalb so zugespitzt, weil die dortige ZASt bislang auf keine Außenstellen zurückgreifen könne. „Andere ZASten haben da mehr Möglichkeiten.“
Als „Panne“ bezeichnete es der Referent im Ministerium für Bundesangelegenheiten, Herbert Jelit, daß die ZASt-Leitung am Montag PressevertreterInnen das Betreten des Geländes untersagt hatte (siehe taz vom 9.8.): „Da ist der unglückliche Eindruck entstanden, daß es in Blankenburg etwas zu verbergen gibt.“ Das sei natürlich nicht der Fall. Das Ministerium habe die Bezirksregierung und die ZASt darauf hingewiesen, daß Presseleuten freier Zugang zu gewähren sei.
Die Bezirksregierung in Oldenburg teilte mit, daß die Planungen für die Außenstelle Delmenhorst noch nicht abgeschlossen seien. „Die räumliche Situation würde sich dort für die Asylbewerber auch nicht wesentlich ändern“, sagte der Sprecher der Bezirksregierung. Die Flüchtlinge könnten sich jedoch in Delmenhorst mit Wertgutscheinen selbst versorgen, würden nicht „gemeinschaftsverpflegt“. Für die „spektakuläre Aktion“ der AsylbewerberInnen bestehe aber eigentlich kein Anlaß.
Die 30 hungerstreikenden Asylsuchenden in Blankenburg wollen indessen ihre Aktion fortsetzen. Die ZASt-Leitung habe sie wissen lassen, daß sie mit ihnen allenfalls über die Verbesserung des Kantinenessens verhandle, sagte ein Sprecher der Asylsuchenden: „Unter Mitwirkung des Flüchtlingsrates wollen wir jetzt ein rechtliches Gutachten erstellen lassen, ob die Praxis in Niedersachsen, Flüchtlinge nicht weiter zu verteilen, überhaupt zulässig ist.“ abi
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