piwik no script img

Erstes Geständnis

■ Beschuldigte im UB-Plasma-Prozeß belastet Mitangeklagte

Koblenz (AP) – Im Koblenzer Blutplasma-Prozeß hat erstmals eine der Angeklagten ein Geständnis abgelegt. Die medizinisch-technische Angestellte Gunhild Jacubus gab gestern vor der neunten großen Strafkammer des Landgerichts zu, daß bei der Firma UB- Plasma Proben von Plasmaspenden aus Kostengründen nicht vorschriftsmäßig getestet wurden. Die 28jährige erhob schwere Vorwürfe gegen ihre vier Mitangeklagten.

Jacubus sagte, das sogenannte Poolen sei seit Herbst 1986 die Regel gewesen. Aufgrund der hohen Kosten für die Testeinheiten hätten der Geschäftsführer Ulrich Kleist und sein Partner Bernhard Bentzien angeordnet, jeweils zwei Plasmaproben zu mischen, bevor sie auf Krankheitserreger getestet wurden. Dies sei mit der Behauptung gerechtfertigt worden, daß das Poolen in der Industrie ebenfalls gängige Praxis sei. Als die Firma im letzten Jahr ihres Bestehens in zunehmende finanzielle Schwierigkeiten geraten sei, habe sie auch drei Proben zu einem Pool zusammengemischt.

Die ehemalige Angestellte warf dem Kontrolleiter der Firma, dem ebenfalls angeklagten Dieter Stüer, vor, aus Nachlässigkeit Plasmaspenden für den Verkauf freigegeben zu haben, obwohl die Laborergebnisse dies nicht zugelassen hätten. Der Laborarzt Alexander Kressler habe einen Spender, bei dem Gelbsuchtviren festgestellt worden seien, erneut zur Spende zugelassen: „Er sagte, der Befund habe sich bei dem Mann möglicherweise zurückgebildet.“

Jacubus berichtete auch von ungewöhnlich hohem Alkoholkonsum der beiden angeklagten Geschäftsführer. Fünf bis sechs Flaschen Wein täglich seien normal gewesen. Gegen Abend hin sei der Alkoholpegel bei beiden stetig gestiegen. Dennoch habe sie nicht den Eindruck gehabt, daß beide nicht mehr hätten arbeiten können.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen