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Arbeit

■ Fanny Müller: Die 18. Geschichte von Frau K.

rau K.s Enkelin ist mit der Schule fertig und nun geht es um die Berufsfindung. Ich sitze von meinem Tagewerk völlig erschöpft mit Frau K. und Ywonne, dem Gegenstand der Sorge, auf dem Spielplatz. Gleichzeitig halte ich ein Auge auf meinen zweijährigen Neffen, den ich in Pension habe. Er hockt im Sandkasten und backt Kuchen.

Anneliese Köster ist eben dazugekommen und läßt sich auf die Bank fallen. Sie hat eine Thermosflasche Kaffee mitgebracht. „Was willst du denn arbeiten?“ fragt sie Ywonne. Ywonne gibt wahrheitsgemäß an, daß sie gar nicht arbeiten will, sie will bloß Geld verdienen. Eine Idee, mit der auch ich seit einigen Jahren sympathisiere. Ich frage mich nur, warum dieser Gedanke noch nicht bis zu den Gewerkschaften durchgedrungen ist. Die hatten doch immerhin über hundert Jahre Zeit, um draufzukommen.

„Ohne Arbeit gibt das kein Geld“, sagt Anneliese und schenkt den Kaffee aus. Der riecht irgendwie komisch. Ich wette, sie hat ihn wieder mit einem Schuß versetzt. „Das is ja nich wahr“, schaltet sich Frau K. ein, „in Blankenese sitzt n Haufen Arbeitslose in Villas rum.“ „Denn ham die das geerbt“, sagt Anneliese, „von ihrn Vater oder Großvater und die ham gearbeitet...“ „Das denks du!“ sagt Frau K. und stellt im folgenden die europäische Geschichte ein wenig verkürzt dar, „das warn alles Raubritter und Seeräuber und so was, das is doch alles geklaut.“ „Bei so altes Geld is das egal“, widerspricht Anneliese, „kuck allein ma die Sparkassenräuber, die wolln auch immer gebrauchte Scheine!“ Wir sind für einen Moment einigermaßen sprachlos. „Anneliese“, sagt Frau K. schließlich, „das is nich logisch.“ „Logisch is das logisch, das steht doch immer inner Zeitung!“ Oha. „Anneliese“, fährt Frau K. fort, „was hast du inn Kaffee getan? Nich, daß wir jetz auch gleich anfangen mit son Tühnkram.“ Annelieses Erwiderung kriege ich nicht mit, denn jetzt fängt mein Neffe an zu brüllen. Er hat versucht, seine Sandkuchen aufzufressen. Ich flöße ihm Mineralwasser ein und setze ihn zu uns auf die Bank. Anneliese beugt sich zu ihm herunter. „Na, mein Schieter, was willst du denn ma wern, wenn du groß bist?“ „Tante“, sagt er hilfesuchend und krabbelt auf meine Knie. „Das is kein Beruf“, dröhnt Anneliese, die unter Garantie schon zu Hause den Kaffee probiert hat. Außerdem hat sie Unrecht. Wenn ich mir die letzten beiden Tage mit meinem Neffen vor Augen führe, dann bin ich ganz sicher, daß Tante doch ein Beruf ist. Ein schlechtbezahlter, um nicht zu sagen, ein überhaupt nicht bezahlter. Wo man dann hinterher noch angerufen wird, wo die rotblaue Mütze geblieben ist. Dabei hat der nie im Leben eine mitgehabt.

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