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Einiges Privates aus den Kriegstagebüchern

■ taz-Autor in't Veld robbt mit Henry Rollins durch die emotionalen Schützengräben

18.9.89: Heute was Heftiges gekauft: „Life time“ von der Rollins Band. Derber Hardcore. Aber vor allem: diese Stimme. Dieses unglaubliche Brüllen!

17.10.89:Rollins Band, Markthalle Hamburg. Großstadt, Schweiß, Muskeln. Alles ist anders, alles neu: Henry, laß mich dein Fußabtreter sein! Ich fürchte dich, ich liebe dich. So echt. Wild und wach.

18.10.89: Plakat aufgehängt, T-Shirt angezogen: „Part animal, part machine.“ Werde ich jetzt auch hart und gerecht?

15.4.89: Lesung mit Rollins und Lydia Lunch. Dieser Mensch ist unglaublich. Er schreibt auch Bücher, er spricht von einer fernen Welt aus Unnahbarkeit und ungewollter Verehrung.

15.10.90: „Do it“ – der Schrei des Jahres. „Don't talk about it, do it!“ Gekauft auch „Turned on“. Immer noch soviel Kraft, wie sie all der eskapistische Metal, den ich nebenher konsumiere, nie erreichen wird. Henry dagegen: So authentisch, daß dieses Wort für ihn erfunden werden müßte. Berichtet von Selbstheilung durch Stärke und In-sich-Ruhen. Unpathetisch!

10.2.91: Doch pathetisch? Je länger die aggressive Abgrenzung sackt, desto mehr scheint mir sein Entwurf eine aufgeblasene Selbstinszenierung zu sein. Oder ist es nur der Verlust eines privaten Idols an die ignorante Öffentlichkeit?

13.2.92: Rollins wird 30. Ich darf mit ihm sprechen. Unangenehmes Erlebnis, sein bester Freund wurde gerade abgeknallt. Er sagt, er arbeite gegen Selbstzerstörung, habe keine Freunde und wolle auch keine. Wir schenken ihm eine Flasche Mineralwasser. Die Stimmung ist im Arsch.

27.8.94: Rollins spielt bald hier. Er ist jetzt eine Ikone. Sein Antlitz geifert von allen Bauzäunen. Seine Videos sprengen die Toleranzgrenze: Muskelspiel, die kratertiefe Stirnfalte zuckt vor'm eingeblendeten Heiligenschein. Ich fühle mich um mein Gefühl betrogen: Wieso glaubte ich dieser einfältig-darwinistischen Philosophie? Gut: Die Musik ist noch immer von gekonnter Schwere. Aber Henry, du kannst die schlichten Gemüter dieser nach Echtheit gierenden Zivilisation verwirren. Mich nicht mehr.

Holger

Rollins Band: Mittwoch, 7.9., 21 Uhr im Docks, Vorgruppen: Candlebox und Senser.

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