■ Nachgefragt: Frauen politisieren
Ulrike Hauffe ist seit 1. September neue Frauenbeauftragte der Zentralen Gleichstellungsstelle für Frauen (ZGF). Die Psychologin hat 18 Jahre im Bereich Frauengesundheit gearbeitet, u.a. bei Pro Familia.
taz: In dieser Woche hat der Vermittlungsausschuß den § 218 abgeschmettert und auf die nächste Legislaturperiode vertagt. Was sagen Sie dazu?
Hauffe: Ich war erstmal froh darüber, weil einige Frauenbelange in dem Kompromißvorschlag nicht geklärt waren. Und ich bin froh, daß nochmal Gelegenheit besteht, eine § 218-Debatte zu führen. Mir hat in letzter Zeit nicht gefallen, daß wir Frauen uns so wenig geäußert haben zu der Frage. Wenn es nochmal Wahlkampfthema wird, hoffe ich, daß auch eine Politisierung unter Frauen stattfindet.
Planen Sie Aktionen dazu?
Bisher noch nicht. Wenn wir das öffentliche Interesse merken und das Gefühl haben, daß bringt was, werden wir was anzetteln.
Haben Sie denn als Frauenbeauftrage direkt mit dem § 218 zu tun
Seit 1. September sind wir unabhängig von der Senatorin für Arbeit und Frauen, d. h. wir haben keine parlamentarische Einflußnahme. Wir haben deswegen natürlich umso mehr die Möglichkeit, uns frauenparteiisch zu äußern und müssen uns nicht mehr nach einer Parteilinie richten. Deswegen können wir laut sagen, was wir von den unterschiedlichen Auslegungen halten. Zum Beispiel von der früheren sozialen Notlage, die es ja gab. Jetzt heißt es schwere Schädigung der psychischen oder organischen Gesundheit der Frau. Wenn ich mir das im Klartext mal angucke, heißt das, daß die frühere Notlagenindikation praktisch unter psychische Gesundheit fällt. Das ist im Prinzip eine Psychatrisierung von Frauen. Mich ärgert immer, daß Frauen in ihrer eigenen Entscheidungsfindung als inkompetent betrachtet werden.
Bietet die GFZ Programme oder Kurse für schwangere Frauen an Info?
Nein, da wären wir überfordert. Wir sind eine politische Einrichtung und arbeiten meinungsbildend. Inwieweit wir in der nächsten Zeit öffentliche Veranstaltungen zu dem Thema machen oder Veranstaltungen anderer Gruppen unterstützen, werden wir sehen. Mit der Pro Familia selbst hier in Bremen gibt es enge Kooperationen.
Was erwarten sie von einem neuen § 218?
Stellen Sie sich vor sie müssen vor einem Abbruch vor Ihrem Sachbearbeiter darlegen wie bedürftig Sie sind. Wir sind im Prinzip für die Fristenlösung, nur wir können natürlich nicht so blauäugig sein und sagen, es gibt kein Bundesverfassungsgerichtsurteil. Das bedeutet ja, daß die BeraterInnen sich für das ungeborenen Leben einsetzen. Für mich als Psychologin ist das ein ganz großes Problem, daß der Fötus zur juristischen Person wird, gegen die Mutter. Wenn man den Gedankengang weiterspinnt, hat er ungeheure Konsequenzen. Fragen: fok
Foto: Katja Heddinga
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