■ Mit der Konzern-Allianz auf du und du: Leise, aber effizient
Nagasaki (taz) – Wer in den vergangenen drei Tagen den sechsten Weltgipfel der Privatwirtschaft zwischen Daimler- Benz und Mitsubishi in Nagasaki aus der Ferne beobachtete, traute zuweilen seinen Augen nicht: Da war einmal eine lustige deutsch-japanische Bootsgesellschaft unterwegs bei der Hafenrundfahrt, Männer und Frauen, die des Abends im Hotel bei Speis' und Trank lautstark zu feiern wußten. Sicherheitsvorkehrungen fehlten völlig. Niemand schien davon Notiz zu nehmen, daß hier nebenbei die Könige zweier Wirtschaftsimperien verhandelten, die zusammen mehr als 500 Milliarden Mark Umsatz erwirtschaften und über knapp eine Million Beschäftigte regieren.
Doch wer glaubt schon noch an die strategische Allianz der größten Konzerngruppen Europas und Asiens? Offenbar nur die an den Gesprächen Beteiligten. Natürlich ist das gewollt. Nach fünf Jahren kontinuierlicher Verhandlungen, bei denen auf beiden Seiten Hundertschaften von Managern bis zur Abteilungsleiterebene miteinbezogen sind, steht der gemeinsame Wille zur Zusammenarbeit kaum mehr in Frage. Keines der großen Vorhaben ist heute begraben. Shinroku Morohashi, Vorsitzender des Handelshauses Mitsubishi Corporation, rief die Deutschen auf, nach den gescheiterten Projekten in Osteuropa „gemeinsam neue Märkte in Asien anzusteuern“. Er hätte erst kürzlich mit dem chinesischen Premier Li Peng über die Bedeutung der Partnerschaft zwischen Mitsubishi und Daimler für die Entwicklung Chinas gesprochen.
Zwar fehlen der deutsch-japanischen Allianz bisher die spektakulären Kooperationprojekte, wie man sie anfangs beim Flugzeugbau oder in der Automobilherstellung erwartete. Doch das behutsame Vortasten kommt der japanischen Mentalität entgegen: „Das ruhige Sich- Zeit-Nehmen, die sauberen Analysen, bei denen jedes Thema von allen Seiten betrachtet wird und erst dann auf den Punkt gebracht wird, charakterisieren die Vorgehensweise bei Mitsubishi“, hat Jürgen Schrempp, Vorstandvorsitzender der Deutschen Aerospace in Nagasaki beobachtet.
Als künftiger Vorstandsvorsitzender des Stuttgarter Gesamtkonzerns versprach Schrempp in Nagasaki, die Mitsubishi-Kooperation in der bisherigen Linie fortzuführen. Gerade weil der amtierende Daimler-Benz-Vorstandsvorsitzende Edzard Reuter als eigentlicher Initiator der Gespräche gilt, stand er auch im Mittelpunkt und wurde von der japanischen Seite für seine „äußerste Konsequenz und Disziplin“ gepriesen, mit der er die Allianz über die schwierige Anfangszeit geführt habe. Shinroku Morohashi versprach Reuter, daß dem diesjährigen Treffen viele andere folwerden: „zehn, zwanzig, immerwährend“.
Derartige Lobeshymnen der Mitsubishi-Größen müssen als Zeichen dafür interpretiert werden, daß die von vielen bereits totgesagte Unternehmenskooperation weiterhin lebendig ist. Noch ergibt sich dabei kein Gesamtbild: Man plant das gemeinsame Auto-Recycling, baut zusammen einen Pick-up in Südafrika, hat eine Übereinkunft für die Chipherstellung bei der AEG erzielt, tauscht nun gezielt Ingenieure im Luft- und Raumfahrtbereich aus und richtet einen Workshop zum Thema Multimedia ein. Nur die Palette der Projekte deutet an, wie umfangreich die Pläne in den Köpfen der Spitzenmanager aussehen mögen. Georg Blume
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