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■ Das PortraitDer Anfänger

Den Dienst in der Armee Seiner Königlichen Majestät hatte er 1873 glücklich überstanden. Hauptmann Boycott wurde Gutsverwalter des dritten Earl von Erne in der irischen Grafschaft Mayo, doch sein Lebensabend war alles andere als ruhig: Als 1879 wegen der schlechten Ernten eine Hungersnot drohte, bildete sich die irische Landliga, um den Bauern und Landarbeitern zu helfen. 1880 forderte sie den Verwalter des Earl von Erne auf, in diesem Jahr ein Viertel weniger Pacht zu verlangen. Doch der dachte gar nicht daran.

„Kapitän Boycott war durch seine Hartherzigkeit gegen kleine Pächter so verhaßt, daß die Landliga die allgemeine Ächtung über ihn verhängte“, so das Brockhaus Konversations-Lexikon von 1898. Alle seine Arbeiter kündigten kurz vor der Ernte, niemand verkaufte ihm Nahrungsmittel, selbst die Eisenbahn weigerte sich, sein Vieh zu transportieren.

Boycott heuerte Arbeiter aus der nordirischen, protestantischen Provinz Ulster an, die unter dem Schutz der Armee das Getreide ernteten. Diesen riesigen Aufwand konnte er jedoch nicht lange durchhalten, 1881 war er ruiniert und wanderte nach England aus. Dort starb er am 19. Juni 1897 im Alter von 65 Jahren.

Charles Cunningham Boycott, englischer Gutsverwalter, im Jahr 1889 Foto: taz-Archiv

Der Gutsverwalter wurde so zum Namensgeber für organisierte Blockaden. In der Bundesrepublik gab es laut der Nachrichtenagentur dpa erstmals 1971 einen wirtschaftlich begründeten Boykott. Hausfrauen protestierten damit gegen zu hohe Fleischpreise. Die Bewegung schwappte aus den USA zu den Krauts herüber, wo sich KundInnen traditionell stärker gegen einzelne Firmen zusammenschließen. Es war gerade Spargelzeit, und so lief der Verkauf des gelben Gemüses als Fleischersatz auf Hochtouren.

1982 wurde schon einmal ein Mineralölunternehmen erfolgreich boykottiert. Die zum Veba-Konzern gehörenden Aral-Tankstellen hatten den Bogen mit einer Folge von Preiserhöhunhen überspannt. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg packte die Deutschen beim Geldbeutel und organisierte zwei Monate lang den Boykott – bis Aral die Benzinpreise wieder senkte.

Der Boykott von Shell vor einigen Jahren wegen deren Geschäften mit dem Apartheidsregime in Südafrika ließ die Massen dagegen eher kalt, der Konzern zog trotz einer internationalen Kampagne keine Konsequenzen. Reiner Metzger

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