piwik no script img

„Ich bin ein Geehrter – ich sage nichts“

■ SPD-Unterbezirk Bremerhaven will seinen Fraktionschef Skribelka aus der Partei schmeißen

Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall. Das mußte jetzt auch der Bremerhavener SPD-Fraktionschef Richard Skribelka erfahren. Vor einer Woche ließ er sich auf der letzten regulären Stadtverordnetenversammlung zum „Ehrenbürger“ (vgl. taz vom 24./25.6) küren. Ein schmucker Titel, der mit 800 Mark monatlich dotiert ist. Jetzt droht ihm der Ausschluß aus der Partei.

Der Unterbezirksvorstand hat am Dienstag abend beschlossen, ein Parteiordnungsverfahren gegen Skribelka anzustrengen und will ihn wegen parteischädigendenVerhaltens aus der SPD schmeißen. „Die Wahl zum Stadtältesten hat damit allerdings nichts zu tun“, betont Brigitte Lückert, stellvertretende Unterbezirksvorsitzende.

Die GenossInnen haben ohnehin die Nase voll von Skribelka. Und das will was heißen: Der gelernte Verwaltungsfachmann ist ein engagierter Gewerkschafter. 1960 trat er in die ÖTV ein. Ab 1977 war er sieben Jahre lang Kreisvorsitzender des DGB. Außerdem saß er als Mitglied im ehrenamtlichen Vorstand der Wirtschaftskammer. 1986 wurde Skribelka schließlich auf den Syndikus-Sessel gehievt. Daß die SPD den ehemaligen DGB-Kreisvorsitzenden und ihren Günstling schassen will, zeigt wie zerissen die Partei ist.

Der UB-Vorstand gibt allerdings einen anderen Grund für den geplanten Rausschmiß an: „Die Zusammenarbeit mit ihm ist einfach nicht mehr möglich. Er hat sich in den letzten Jahren noch nicht einmal bemüht, die Parteibeschlüsse umzusetzen“, begründet Lückert die Entscheidung des UB-Vorstands. Stattdessen habe der SPD Fraktionschef „immer wieder Eigeninteressen in den Vordergrund gestellt“: Um das klare Nein der Partei zum Verkauf der Städtischen Wohnungsgesellschaft (Stäwog) hat sich Skribelka nicht geschert. Daß die Partei mit der Wahl des Oberbürgermeisters, des Bürgermeisters und des Umweltdezernenten bis zur kommenden Legislaturperiode warten wollte, interessierte ihn ebenfalls nicht. Aus gutem Grund: Skribelka wollte Bürgermeister werden. Als er scheiterte, kandidierte er als Umweltdezernent und fiel wieder durch.

Den Titel des „Stadtältesten“ bekam Skribela hingegen mühelos: SPD-Fraktionsvize Fritz Grote kam im Geschäftsordnungs- und Verfassungsausschuß auf die Idee, die Wahl der Stadtältesten vorzuziehen. Neben Fraktionschef Skribelka und seinem Stellvertreter Fritz Grote sitzen im Ausschuß der Stadtverordnetenvorsteher Alfons Tallert (SPD) und der CDU-Fraktionsvorsitzende Rolf Stindl. Daß nur Grote und Stindl die Voraussetzung für den Ehrentitel erfüllten und seit mindestens 20 Jahren im Stadtpalarment sitzen, störte die Abgeordneten nicht. Sie hielten sich für „begründete Einzelfälle“ und hievten die Wahl auf die Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung. Daß die Idee hierzu ausgerechnet von der SPD-Fraktion kam, wurde vom SPD-Unterbezirk scharf kritisiert. „Was macht das für ein Bild nach außen, wenn sich Stadtverordnete selbst belohnen“, gab Wilfried Töpfer, Mitglied im Parteivorstand zu bedenken. Grote winkte ab. „Es ist eine generelle Unart des Unterbezirks, sich immer in unsere Sachen einzumischen.“

Getragen von einer rot-schwarzen Koalition wurden Skribelka (SPD), Grote (SPD), Tallert (SPD) und Stindl (CDU) schließlich gewählt – gegen die Stimmen der Grünen, des linken SPD-Flügels und der FDP.

Skribelka freute sich über den Ehrensold von 800 Mark monatlich besonders: Er könne das Geld für sein Segelboot gut gebrauchen, sagte er nach seiner Wahl. „Das ist empörend und zynisch“, schimpft Brigitte Lückert. „Für viele Menschen in dieser Stadt sind 800 Mark sehr viel Geld.“ Mit seiner dubiosen Wahl zum Ehrenbürger habe sich Skribelka bei der Partei zwar noch unbeliebter gemacht, doch das sei „nicht der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen gebracht hat“, betont Lückert nochmals. „Das war schon lange vorher fällig.“ Skribelka schweigt zu den Vorwürfen. „Solange ich nichts Schriftliches vom Unterbezirksvorstand bekomme, gebe ich keinen Kommentar ab. Auch wegen seiner Äußerung nach der Stadtältesten-Wahl, wegen der er mittlerweile scharf angegriffen wird, will er sich nicht äußern. „Ich bin ein Geehrter, und ich sage nichts.“ kes

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen