: „Gemeinsam Frieden und Freiheit verteidigt“
■ Tofilau Eti Alesana, Premierminister von Westsamoa, lehnt Atomtests im Südpazifik ab
taz: Herr Premierminister, wieso ist Ihre Regierung gegen französischen Atomtests im Südpazifik?
Tofilau Eti Alesana:Wir lehnen die Atomtests aus zwei Gründen ab. Erstens ignorieren die Franzosen mit den geplanten Tests das Lebensrecht anderer. Wissenschaftler haben uns bestätigt, daß die Wahrscheinlichkeit von radioaktiven Lecks in Moruroa groß ist. Wir leben vom Meer, was tut die französische Regierung, wenn wegen der Atomtest die Thunfischbestände leiden. Wie heilen sie das Meer?
Die französische Regierung sagt aber, die Atomtests würden die Umwelt nicht belasten.
Das würden viele Wissenschaftler nicht unterschreiben. Ich bin 71 Jahre alt. Wir haben heute Pflanzenkrankheiten an unseren Bananen, die wir bis vor 30 Jahren (als die französischen Atomtests kamen, d. Red.) nicht kannten. Warum hat die französische Regierung die Tests für viel Geld in den Südpazifik verlegt? Weil sie genau wissen, daß die Tests gefährlich sind. Deshalb finden die Tests nicht in Frankreich selbst statt.
Und der zweite Grund?
Wir haben gemeinsam mit allen Staaten der Region per Vertrag einen atomfreien Südpazifik proklamiert. Die Tests sind eine Verletzung dieser atomfreien Zone. Die Schaffung der Zone sollte den Atomstaaten signalisieren, daß solche Tests nicht erwünscht sind. Frankreich, aber auch die USA und Großbritannien haben die Zone nie akzeptiert. Anders übrigens als die Chinesen und die frühere Sowjetunion.
Was kann und wird Westsamoa jetzt tun?
Unser Parlament hat einstimmig eine Resolution verabschiedet, in der wir die französischen Pläne verurteilen. Frankreich ist ein christliches Land wie Samoa, doch die arrogante Haltung Frankreichs ist mit christlichen Prinzipien unvereinbar. Frankreich ignoriert die Bedenken der Region einfach. Wenn ich als Staatsführer weiß, daß die Mehrheit der Menschen ein solches Vorhaben ablehnt, kann ich doch nicht einfach weitermachen. In Deutschland haben Bevölkerung und Regierung schon gesagt, daß sie die Tests ablehnen. Genauso in den skandinavischen Ländern oder in den Niederlanden. In der Geschichte hat die Arroganz der Staatsführer immer wieder in Krieg und Chaos geführt. Nach den Franzosen werden die Briten und Amerikaner auch wieder testen wollen.
Haben Sie noch andere Pläne? Werden Sie selbst mit einem Schiff vor Moruroa gegen die Tests protestieren?
Darüber verhandeln wir noch. Zunächst werden unsere Sportlerinnen und Sportler nicht an den Südpazifischen Spielen im (französischen, d. Red.) Tahiti teilnehmen. Andere südpazifische Staaten wie Nauru und Niue unterstützen diesen Schritt.
Was können Menschen hier in Deutschland tun, um Sie zu unterstützen?
Ich wünsche mir, das die Menschen in Deutschland französische Güter boykottieren. Deutschland ist dafür ökonomisch stark genug.
Darüber gibt es heftige Diskussionen in Deutschland. Nach vielen Kriegen haben wir gerade eine gute Nachbarschaft mit Frankreich etabliert. Deswegen zögern die Deutschen beim Boykott.
Ich verstehe historische Bedenken. Es gibt sicher auch andere Wege, seinen Unwillen klarzumachen. Nur – im Zweiten Weltkrieg haben auch Soldaten aus Westsamoa die Franzosen gegen Deutschland unterstützt, beim Krieg in Nordafrika. Wir haben damals gemeinsam Frieden und Freiheit verteidigt. Und nun drehen sich die Franzosen um und spucken uns, ihre Freunde, an. Dabei wollen wir doch nur friedlich leben. Interview: H.-J. Tenhagen
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