■ Digital statt schal: Babylon schäumt
Babylon kannte zwanzig verschiedene Biere. Die Frauen und Männer der biblischen Stadt mit dem höchsten Turm der Geschichte – der, wir wissen es jetzt, einen Maßkrug darstellen sollte – erhielten von staatswegen ihre tägliche Bierration: Arbeiter und Angestellte zwei Liter, Beamte drei und Oberpriester täglich fünf Liter zwecks Erzeugung bierseliger Heiligkeit. Die Produktion des Gerstensaftes boomte; die „Export“- Wege führten gar bis nach Ägypten. Auch in einem der ersten Großwerke der Weltliteratur, dem Gilgamesch-Epos, das etwa 2.000 Jahre vor Christus entstand, spielt die Bierkultur neben dem täglichen Brot eine zentrale Rolle im Sozialleben.
In der Kalevala, der großen finnischen Volksdichtung, ist es sogar so, daß der Erschaffung der Welt 200 Verse gewidmet sind. Das Bier ist aber wichtiger und komplizierter als die Welt. Deswegen zählt das Kalevala nicht weniger als 400 Verse, die sich ums Bier an sich drehen. So nachzulesen auf einer informationstechnisch überschäumenden Bier-CD-ROM, die Dirk Jasper herausgebracht hat.
Er bietet mit Daten, Fakten und Hintergrundgeschichten fast alles, was über das goldgelbe bis beige- braune Getränk erfahrbar ist: Mit Ausnahme des Geschmacks. Ein CD-ROM-Laufwerk ist halt noch nicht Zapfhahn-kompatibel. Die Texte sind mit Fotos aufbereitet und mit Video-Sequenzen garniert. Ob Kölsch, Pils, Alt oder Lager; ob die Kulturgeschichte des Bieres, gesundheitliche Aspekte oder die Herstellung – das „Bier- Journal“ informiert gründlich.
Nach Stichworten und trockenem Zahlenmaterial über die hiesige Brauhauswirtschaft werden viele interessante „Bier-Wanderwege“ vorgestellt mit einer Fülle von Gasthäusern und Brauereien, die zum Besuch einladen – ganz wie im Erdinger-Weißbier-Spot: „Deutschland ist schön, seine Landschaften typisch, seine Bauwerke weltberühmt.“
Erwähnenswert ist noch, daß Dirk Jaspers auf seine CD-ROM einen Kalender mit Motiven rund ums Bier gepackt hat. Auf die videographische Darstellung einer Leberzirrhose in 3-D wurde ebenso verzichtet wie auf die Adressenliste der Anonymen Alkoholiker. Dafür findet der durstige Mouse-Klicker zahlreiche Anlaufstellen für den Einstieg ins Brauereigewerbe. Kurt Nane Jürgensen/taz
„Bier-Journal Deutschland“, CD- ROM, te-wi-Verlag München,
49 DM.
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