Mehr Mann als Mensch

■ Rob Zombies destruktiver Kulturoptimismus spricht durch White Zombie

Sex zu Nirvanas Nevermind? Kaum vorstellbar. Sex zu White Zombies La Sexorcisto: Devil Music Vol. I? Eine prima Sache. Und wie kommt's? Nun, Rob Zombie hatte mit seiner Band seit Mitte der Achtziger einen Stil entwickelt, der seinem Trash-Metal Hüft-Groove einführte, ohne auch nur eine Crossover-Narbe zu hinterlassen. Stücke wie „Thunder Kiss '65“ blieben gemein und hatten trotzdem einen Rhythmus von Stoßen und Innehalten, den sonst nur gute HipHop-Nummern kennen.

Motorölverschmierte Gitarren, Patchouli-Bässe und ein Schlagzeuger mit Spaß an Bremsspuren blieben auch auf dem neuen Album Astro-Creep 2000 Rob Zombies Handhabe für seinen destruktiven amerikanischen Kulturoptimismus. Leute, die nächtelang Splattervideos sehen, Playboys und Comics stapeln, Beavis and Butthead nachreden, aber zum Nachbarn rennen, wenn der Pfannekuchen auf dem Herd brennt, werden wissen, was damit gemeint ist: Monster-Märchen, Begeisterung für das planlos Böse als lauernde Wirklichkeit hinter dem Glanz der reglementierten Massenunterhaltung (Elfriede Jelinek beschreibt ähnliches in der Literatur, Reza Abdoh betrieb es im Theater, Christof Schlingensief im Film), Spiel mit allem Kultischen als aggressive Frage an die naive Begeisterung für Gesetze.

Die US-amerikanische Subkultur produziert in diesem Feld unaufhörlich und seit Epochen Neues. Das Bild für Rob Zombies in Kunstformen ausgespuckte Ideologie ist vielleicht die Motorradgang aus George Romeros Film Zombie, die nachts in das verlassene Einkaufszentrum eindringt, Zombies ditscht und mit einem Heidenspaß und ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit das Konsumgeschwür zerlegt. Dennoch gibt es einen Unterschied von Rob Zombie zu anderen Trash-As-Trash-Can-Rockern, denn Zombie ist ein Künstler ohne geschienten Geschmack. Muezzin-Gesänge kommen ihm ebenso unter wie philosophische Schlenker, und Villains zeichnen kann er auch noch. Soviel Können impft dann gegen Mainstream – hoffentlich.

Till Briegleb

So., 3.9., Gr. Freiheit, 20 Uhr