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Freunde von damals

■ Jede Menge Fotos und einen Brief vom Staatsanwalt zeigt die Star-Club-Schau im Speicher Von Julia Kossmann

Gleich bei der Eröffnung des Star-Clubs am 13. April 1962 begann eine Freundschaft fürs Leben: Uwe Voigt, Jahrgang 45 und damals gerade Lehrling der Meßtechnik, lernte an diesem Abend seine Frau kennen, der er nun schon sehr viel länger die Treue hält als „seinem“ Club, dessen Erfolgsstory am Silvesterabend 1969 endete. 1962 hatte Rock–n–Roll noch was von jugendlichem Aufbruch, erzählt der SPD-Politiker und ehemalige Bürgerschaftsabgeordnete Voigt, der sich das nötige Kleingeld für die Konzerte beim damals noch „Fliegenden Händler“ Dieter Lübke nebenbei in Wilhelmsburg verdiente.

Heute ist Voigt im Versicherungsgeschäft und „Speicher-Retter“ Lübke verbimmelt erfolgreich schicken Schnickschnack aus aller Welt und praktisch-modernes Mobiliar aus Schaumstoff und Chrom. Inmitten der internationalen Warenpalette finden in den kommenden acht Wochen ehemalige Star-Club-Fans und Interessierte aus nachfolgenden Generationen Vitrinen und ein Dutzend Schautafeln mit Fotos und Reliquien aus der Star-Club-Ära.

Schriftstücke von Hamburger Bürokraten, die dem Club stets Scherereien machten, hängen neben Programmzetteln und Getränkekarten (Flasche Bier 1,50 Mark). Briefe von Beatles-Manager Brian Epstein dokumentieren, wie er eine bessere Unterbringung seiner Kapelle und bessere Reklame erbat („We love to see a flag in the Grosse Freiheit bearing their name!“). Zum Teil unveröffentlichte Fotografien von der Anfangszeit bis zum Abriß des Gebäudes in der Großen Freiheit 39 im Jahr 1986 sind zu sehen. Völlig unbekannt waren die des Hamburger Fotografen Peter Brüchmann, seinerzeit Fotoreporter bei der „Constanze“. Ohne Blitz – „eine Handvoll Licht findet sich immer“ – lichtete er damals schon die Star-Club-Combos ab. Weitere Fotografien steuerten Friedhelm von Estorff, Robert Günther, Pit Mathäus, Gerd Mingram (GERMIN) und natürlich Günter Zint bei.

Zint, der seit Jahren das Projekt eines St. Pauli-Museums betreibt, ist der Initiator der Schau im Speicher. Um demnächst eine neue Dokumentation über die Star-Club-Ära veröffentlichen zu können, sind „noch etwa fünf Zentner Material“ aus dem Nachlaß des Clubs zu sichten.

Nach dem Abgesang auf den Star-Club hatte übrigens seit Anfang der 70er Jahre das Ensemble von Renée Durants Eros-Etablissement „Salambo“ über die Bühne des ehemaligen Musik-Clubs gestöhnt und gestoßen, bis das Sex-Theater im Februar 1983 ausbrannte und 1986 abgerissen wurde.

Viele Stars der 60er sind inzwischen vergessen. Dennoch hat sich manche Freundschaft und Ehe aller Vergänglichkeit zum Trotz gehalten. Späten Ruhm wird ab Mai 1997 ein anderer Fan des Star-Clubs erleben: Ritzenkellner Pico, der die Prostituierten mit warmen Mahlzeiten versorgte, wird dann sein Leben als Musical im Delphi-Theater auf der Bühne sehen.

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