piwik no script img

Tauziehen um öffentlichen Dienst beendet

■ Arbeitgeber und Tarifkommissionen stimmen trotz Kritik der Ostvertreter Schlichtervorschlag zu. 1,3 Prozent mehr Lohn ab 1997, 300 Mark Einmalzahlung

Stuttgart (AP) – Nach achtwöchiger Auseinandersetzung ist die Tarifeinigung für den öffentlichen Dienst unter Dach und Fach. Gewerkschaften und Arbeitgeber einigten sich gestern nachmittag in Stuttgart auf einen Kompromiß und wehrten damit einen Arbeitskampf endgültig ab. Die Vereinbarungen basieren auf dem letzte Woche vom ehemaligen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Carl-Ludwig Wagner präsentierten Schlichterspruch. Trotz Kritik ostdeutscher Vertreter stimmten ihm die Tarifkommissionen der Gewerkschaften ÖTV und DAG mit klarer Mehrheit zu.

In der Großen Tarifkommission der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr sprachen sich 114 Mitglieder für die Annahme aus, mit Nein stimmten 50, weitere fünf enthielten sich. In der DAG-Tarifkommission gab 49 Jastimmen, eine Gegenstimme und eine Enthaltung.

Der Tarifvertrag für die 3,2 Millionen ArbeiterInnen und Angestellten bei Bund, Ländern und Gemeinden tritt rückwirkend zum 1. Mai für die Dauer von 20 Monaten in Kraft. Die Beschäftigten erhalten für dieses Jahr eine im September fällige Einmalzahlung von 300 Mark. Im kommenden Jahr steigen ihre Löhne und Gehälter linear um 1,3 Prozent. Die Bezüge für die 900.000 Arbeitnehmer in Ostdeutschland werden ab 1. September 1997 um einen Punkt auf dann 85 Prozent des Westniveaus angehoben. Außerdem werden im Osten und im Tarifgebiet Bremen bis zum 1. Oktober Verhandlungen über arbeitsplatzsichernde Maßnahmen aufgenommen.

In ersten Stellungnahmen erklärten Vertreter der Tarifvertragsparteien, der Kompromiß sei den wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten angemessen. Auf die öffentlichen Haushalte kommen Mehrausgaben von insgesamt rund vier Milliarden Mark zu. Die Arbeitgeber hatten sich mit ihrer Forderung nach Einschnitten in die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nicht durchsetzen können. Sie erklärten sich bereit, in diesem Jahr 1.170 Ausbildungsplätze zu schaffen.

Das Weihnachtsgeld soll dem Vertrag zufolge bis zum 31. Dezember 1997 unverändert auf dem Stand des Jahres 1993 eingefroren bleiben. Die beiden zusätzlichen freien Tage werden zwar auf einen Tag reduziert, doch gibt es als Ausgleich zwei halbe arbeitsfreie Tage an Heiligabend und an Silvester. Einschränkungen gibt es bei den bezahlten Freistellungen. So fallen zwei zur Eheschließung gewährte freie Tage weg, bei Umzügen gibt es nur noch einen Tag frei.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen