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Tirana oder so

■ Alle einer Meinung bei der Papstparty im Lagerhaus

„Tria? Tirana? Irgendwas mit T und R jedenfalls.“ Solche Antworten auf eine Blitzumfrage nach dem Namen des dreifaltigen, päpstlichen Kopfschmuckes belegen, wie sehr im protestantischen Bremen der Rat des Heiligen Vaters fehlt. Um diese Bildungslücke und andere zu schließen, hatten sich die Schäfchen am Freitag abend im Lagerhaus zur proppenvollen Papstparty versammelt.

Der Grund: der Aktionskünstler Marteng von der Agit-Künstlergruppe Theatre Du Pain hatte zeitgleich mit dem Berlinbesuch des echten Papstes Bremen besucht (die taz berichtete). Nun stand eine genüßliche Rückschau auf dem Programm. Zwar trug Papst Marteng Heinrich I. vom Theatre Du Pain nicht eben jene „Mitra“, die den Bremern so viel Kopfzerbrechen bereitet hatte. Dafür dokumentierte ein Film, wie der Bremer Papst den Boden küßte und im Autokorso durch die Stadt fuhr. Leider sah man dem Streifen etwas zu sehr an, daß hier Freunde ihre Kumpels beim Rumalbern filmten. Gläubige traten nur als verzückte Wahnsinnige auf, einzig der Schein-Heilige wirkte würdig.

Stören aber tat diese platte Darstellung keinen. Man wollte Bier, kein Weihwasser. Schließlich waren zwei Drittel der Gläubigen, die in sarkastischen Filminterviews über den Besuch frohlockten, anwesend und das letzte Drittel mindestens persönlich bekannt. So fehlten die Überraschungen. Dafür feierte sich das gegenkulturelle Bremen kräftig selbst. Der Ortsamtsleiter, der Comic-Zeichner und die „Eisen“-Bedienung, sie alle hatten die Glaubensfalle durchschaut und tranken darauf erstmal einen.

Richtig nett aber wurde es, als der Schein-Papst nach dem lustigen Film hinter seinem T-Shirt-Stand humoreske Kurz-Audienzen gab. Nun kalauerte der Heilige Vater und schenkte den Seinen vom „Holy Water“ aus, einem herben Obstler. Und am Ende lieferte der Schein-Heilige noch einen Beweis seiner auch weltlichen Autorität. Als die säkularisierte Bremer Polizei im Zuge übereifriger Chaos- Tag-Bekämpfung ins Lagerhaus stürmte, schwenkte der mittlerweile schwer angetrunkene Papst schimpfend den heiligen Zeigefinger und wies den Ordnungshütern barsch, aber erfolgreich die Tür.

L.R.

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