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Verfall in zehn Jahren

■ Kampnagel: Res Bosshart zur geplanten Randbebauung

taz: Der in der Stadtentwicklungsbehörde ausgehandelte Kompromiß zur Randbebauung von Kampnagel (taz berichtete) sieht vor, daß weitestgehend auf Wohnbebauung verzichtet wird, es aber dafür auch kein Geld für die Renovierung der Hallen und ein neues Foyer aus dem Verkauf des Grundstücks geben wird. Inwieweit war die Kampnagelleitung an diesem Kompromiß beteiligt?

Res Bosshart: Dieser Handel wurde auf der Ebene der leitenden Beamten von STEB, Finanz-, Wirtschafts-, Bezirks- und Kulturbehörde getätigt. Wir wurden vor zwei Tagen schriftlich informiert und um Kenntnisnahme gebeten.

Was bedeutet diese Entscheidung für Kampnagel?

Positiv für Kampnagel ist, daß die Front zur Barmbeker Straße hin nicht durch Neubauten verdeckt wird und somit das Gelände nicht zum Hinterhoftheater degradiert wird. Dabei muß jedoch noch geklärt werden, wieweit der nördliche Bürokomplex die Barmbeker Straße entlang geführt wird. Negativ ist, daß auch dieser Kompromiß alles offenläßt, was die Zukunft von Kampnagel betrifft, weil im Bebauungsentscheid nicht auch ein Sanierungskonzept der Hallen impliziert ist.

Wie beurteilen Sie die Wahrscheinlichkeit, daß die Instandsetzung der teilweise maroden Hallen aus Mitteln der Kulturbehörde finanziert werden kann?

Mit Mitteln der Kulturbehörde kann in den nächsten Jahren höchstens das Notwendigste saniert werden. Ich bezweifle, daß damit selbst der status quo der Bausubstanz gehalten werden kann. Wichtig scheint mir, daß die Entscheidungsebene für eine schrittweise Sanierung weiterhin bei Kampnagel und der Kulturbehörde liegt und nicht in einem anderen Gremium.

Wie sieht die Zukunft der Kulturfabrik aus, wenn es in den nächsten Jahren keine Grundsanierung geben wird?

Wenn aus finanziellen und politischen Gründen so wenig gegen den Verfall des Gebäudes getan wird, wie in den letzten Jahren, dann wird sich die Frage „Kampnagel ja oder nein“ spätestens in zehn Jahren erübrigen.

Sehen Sie in der Entscheidung, den Bebauungsplan für das Gelände nur punktuell umzusetzen, eine Bestandssicherung für Kampnagel oder eine unveränderte Bedrohung?

Es ist meines Erachtens beides, was ja schon immer die Schwierigkeit dieses Geländes war. Sozusagen die Bestandssicherung durch die Bedrohung. Der Kompromiß könnte ja auch so gedeutet werden, daß der Bebauungsplan außer Kraft gesetzt wurde oder zumindest punktuell durchlöchert.

Was wird die Kampnagelleitung in dieser Frage weiter unternehmen?

Jack Kurfess genießt zur Zeit die Freuden der Sonnenwärme. Wir konnten uns deshalb noch nicht über das weitere Vorgehen besprechen. Ich denke, es wäre sehr sinnvoll, in nächster Zeit ein unabhängiges Gutachten über den Zustand der Bausubstanz erstellen zu lassen, damit allen die Dringlichkeit einer Grundsanierung bewußt wird.

Im weiteren geben wir die Investorsuche noch nicht auf, wie – so scheint es zumindest – die Wirtschaftsbehörde. Kampnagel als Zentrum für performing arts ist ein äußerst attraktives Gelände. Und ich glaube daran, daß es einen oder mehrere Investoren gibt, die das begreifen. Daß die Wirtschaftsbehörde diese Faszination nicht vermitteln kann oder keine Idee hat, wen sie damit ansprechen soll, erstaunt mich nicht. Fragen: Till Briegleb

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