: Käfigboxen schützen vor Hausbesetzern
■ Die Firma Sitex bietet Sicherheitssysteme für leerstehende Immobilien an. Brecheisen und Brandsätze ohne Chance. Dafür können sich jetzt Besitzer wieder der Vermietung widmen
Sitex sei Dank: Mietspekulanten können endlich ruhig schlafen. Sie brauchen keine Angst mehr zu haben, daß ihre leerstehenden Immobilien von schlafplatzsuchenden Obdachlosen heimgesucht werden. Oder, noch viel schlimmer – von Hausbesetzern. Denn dank eines ausgeklügelten Sicherheitssystems können hausfremde Subjekte erfolgreich vom Einstieg durch Tür und Fenster abgehalten werden: Die Teltower Firma Sitex vermietet nämlich „Sicherheitstüren und -fenster“ an Besitzer leerstehender Gebäude, um sie vor „Feuerteufeln und Hausbesetzern“ zu schützen.
Sitex verspricht den geplagten Hausbesitzern leicht montierbare Türen mit „versteckten Schlüssellöchern“, die gegen Kaugummi- und Klebstoffattacken schützen sollen. Die Sitex-Fenster haben sogar eine „beschichtete Abdeckung“, die sich leicht von Graffiti reinigen lasse. Auch potentiell rachsüchtige Mieter, die vom Besitzer aus der Wohnung geklagt wurden, haben dank Sitex keine Chance mehr. Denn die Fenster, die wie überdimensionale, mit winzigen Luftlöchern perforierte braungraue Käfigboxen aussehen und über die alten Fenster gestülpt werden, schützen gleichsam gegen „Brecheisen und Brandsätze“.
Mit dem Schmuddel-Look leerstehender Häuser ist es also endgültig vorbei. Früher wurden die Türen und Fenster der frisch geräumten Häuser mit Sperrholz oder Mauersteinen verrammelt. Doch Sitex hat erkannt, daß diese „Optik“ verstärkt „kriminelle Elemente“ anziehe. Dieses „Elends- oder Leerimage“ werfe ein „ungünstiges Licht“ auf den Eigentümer. Mit Hilfe von Sitex, so heißt es im Werbekatalog, könnten sich Hausbesitzer endlich auf „ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren und in Ruhe für die Reparatur, Renovierung und Neuvermietung sorgen“. Deswegen also der sprunghafte Anstieg von Neuvermietungen in der Hauptstadt!
Rund 5.000 Türen und Fenster von Sitex trotzen in Berlin und Brandenburg derzeit dem „Wandalismus“. Und der Kundenkreis wird immer größer. So haben sich schon der Polizeipräsident, die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten und natürlich zahlreiche Hausverwaltungen den Luxus eines „professionellen Sicherheitssystems“ genehmigt. Von Sitex ganz besonders begeistert ist auch die Henning von Harlessem & Co GmbH. Sie ließ vor zwei Wochen die letzten Häuser Westberlins in der Marchstraße und am Einsteinufer räumen – und kann sich jetzt, geschützt vor obdachlosen Hausbesetzern, ihren „eigentlichen Aufgaben“, der Neuvermietung, widmen. Julia Naumann
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