: Prügeln der Ehefrau als Kavaliersdelikt
■ Gerichtsurteil löst in Italien Proteste aus. Gleichstellungsministerin kündigt Gesetz an
Rom (taz) – Wer sein Weib schlägt, begeht mitnichten ein Verbrechen, ja nicht einmal ein kleines Vergehen. Dies ist der Tenor eines höchstrichterlichen Urteils in Italien. Voraussetzung, so der Spruch des Kassationsgerichts: Die Hiebe darf es nur gelegentlich setzen, und sie dürfen keine dauerhaften Schäden hervorrufen. Selbst eine Behandlung im Krankenhaus erfüllt noch nicht den Tatbestand der „Körperverletzung“.
Als Grund für seine Ausfälle sollte der Ehemann am besten Eifersucht angeben. Denn da, so die Oberrichter, rutsche einem halt mal schon die Hand aus. Weiter wichtig: den Schlägen darf keine Absicht der Körperverletzung zugrundeliegen. „Am besten, sagt man, man habe eigentlich aus Eifersucht nur eine Fliege erschlagen wollen. Leider saß die aber auf dem Kopf der Frau“, kommentierte bissig eine Mitarbeiterin des neuen Ministeriums für Gleichstellung die Entscheidung der Richter.
Die zuständige Ministerin, Anna Finocchiaro, früher selbst als Richterin tätig, will das „Schandurteil“ nicht auf sich beruhen lassen. Sie hat jetzt eine Gesetzesinitiative angekündigt, wonach auch „derlei, für das Kassationsgericht offenbar unter Petitessen gerechnete Handlungen strafrechtlich zu verfolgen sind“. „In anderen Ländern“, so die Ministerin, „würden dererlei Fälle vor dem Verfassungsgericht geklärt und sicher keinen Bestand haben, schon der Unverletzlichkeit der Person wegen. Aber in Italien geht das nicht, weil unser Verfassungsgericht lediglich Normenkontrollklagen und den Streit zwischen Institutionen schlichten darf.“
Das Urteil bezieht sich auf einen handfesten Streit zwischen einer Palermitanerin und ihrem Mann. Die Frau mußte danach sofort ins Krankenhaus eingeliefert werden, wurde nach der Behandlung jedoch noch am gleichen Tag wieder entlassen. Dies war wohl Grund genug für die richterliche Ansicht, alles sei nicht so schlimm gewesen. Zudem hätten sich die beiden später wieder versöhnt, und die Anzeige habe auch nicht die verprügelte Ehefrau erstattet, sondern der behandelnde Arzt.
Niedrigere Instanzen hatten zuvor allerdings genau andersherum entschieden: Das zuständige Landgericht hatte dem Mann acht Monate aufgebrummt. Frauenrechtsorganisationen haben für diese Woche zu Protestaktionen gegen das Kassationsurteil aufgerufen. Werner Raith
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