piwik no script img

Jeans-Knöpfe über Disneyland

■ Kompromißbereites B-Movie: Tim Burtons „Mars Attacks!“ im Wettbewerb

Tim Burton ist ein Glückspilz. Anders als der von ihm so verehrte Ed Wood kann er zwei Stunden Science-fiction-Trash herunterdrehen, bei dem deplazierte Schauspieler in einer total sinnlosen Handlung zwischen schalen Special Effects agieren – und wird dafür geliebt, gelobt, geheiratet. Von einer wespentailligen Dame namens Lisa Marie nämlich, die nun als Vorhut zum Film diverse Zeitschriftencover ziert und „Mars Attacks!“ bewirbt. Und auch was die Besetzungsliste angeht, hat Burtons internationaler Stil nicht viel mit dem Low- budgettum seines Vorbilds gemein: Während Ed Wood sich noch über die Zusammenarbeit mit einem schwer heroinsüchtigen Bela Lugosi freuen durfte, ist „Mars Attacks!“ absolut überbesetzt.

Jack Nicholson darf den tumben US-Präsidenten (neben ihm: Glenn Close als Gattin) mimen, der die Invasion aus dem All nicht verhindern kann, nebenbei leitet er in einer Doppelrolle als Hippie- Milliardär ein gewaltiges Las-Vegas-Imperium; Michael J. Fox und Sarah Jessica Parker spielen ein stets konkurrierendes TV-Journalisten-Paar, das sich Küßchen zuwirft; Pierce Brosnan schleicht als Mad Scientist mit Hauspfeife durchs Geschehen, bis ihm Marsianer den Kopf von der Pfeife trennen; und irgendwann, als die Welt schon verloren vor sich hin brennt, grinst Danny De Vito kurz mal um die Ecke. Das ist, als müßte das Royal Philharmonic Orchestra einen Abend mit Stereo-Total-Stücken bestreiten. Irgendwie unangemessen.

Doch die Stars gehören zum Konzept: Einerseits wollte Burton mit „Mars Attacks!“ eine Parodie auf den patriotischeren „Independence Day“ zeigen, andererseits ist Warner Bros. kein Independent- produzent – ein B-Movie sollte es sein, aber bitte mit Niveau. Leider ist der nette Gothic-Fan und Zeichentrickspezialist auf diesen lumpigen Kompromiß eingegangen: „Mars Attacks!“ beginnt als Satire auf die unheimlichen Begegnungen der dritten Art und endet dennoch mit Versöhnung. Auch bei Burton kriegt am Ende der Junge vom Land seine Prinzessin.

Zwar ist die Eingangssequenz mit Tausenden von Mars-Mobilen eine entzückende Wiederkehr der Fifties im Look einer Wrangler- Reklame; und auch das giftige Schnarren, mit dem die Aliens kommunizieren, während sie Nicholson und seine Kriegsminister mit Technokanonen wegätzen, hört sich ganz niedlich an. Doch dann kommt Burton völlig aus dem Takt: Weil ihn Bosheit zu böse anmutet und das Gute zu naheliegt, muß eine Alzheimer-Oma mit Countrygejodel die Menschheit retten. Die Idee paßt zwar zu kruden B-Film-Stoffen, aber die computertechnisch total durchanimierte Realisation macht die prima Teenage-Fantasy ziemlich kalkulierbar. Trash sells. Harald Fricke

„Mars Attacks!“ USA 1996, 105 Min. Regie: Tim Burton. Mit Jack Nicholson, Glenn Close, Pierce Brosnan u.a.

Heute: 22.30 Uhr Zoopalast; 23.2.: 15 Uhr Royal Palast; 21 Uhr Urania

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen