: Castor-Transport: Jetzt wird's holprig
■ Castor-Gegner unterhöhlen die Straße, über die der Atommülltransport von Dannenberg nach Gorleben transportiert werden soll. Polizisten räumen Barrikaden. Verhandlungen über Zwischenlager in Süddeutschland
Dannenberg (taz) – Kaum Aussichten für ein Durchkommen: Wenige Stunden vor Ankunft des Atommülltransports waren gestern in der Umgebung des Zwischenlagers von Gorleben zahlreiche Straßensperren errichtet, Straßen unterhöhlt und Barrikaden in Brand gesetzt worden. „Die Nervosität im Landkreis steigt mit jeder Stunde“, sagte ein Polizeisprecher.
Rund um das Zwischenlager in Gorleben hat es früher geknallt als erwartet. Zwei Straßen gibt es, die vom Verladebahnhof in Dannenberg zum Zwischenlager in Gorleben führen. Die südliche haben Demonstranten in der Nacht zum Montag dichtgemacht. In Splietau wurde die Straße mit einem Tunnel unterhöhlt. Bauern aus dem Landkreis verkeilten 70 Trecker so hoffnungslos ineinander, daß die Polizei bisher von einer Räumung absah. Statt dessen sperrte gestern abend der Landkreis Lüchow-Dannenberg die beiden Zufahrtsstraßen nach Gorleben, da diese für den Verkehr nicht mehr sicher seien. Wenn das Verbot nicht von höheren Instanzen aufgehoben wird, ist das Lager für den Castor-Transport nicht erreichbar.
Vor dem schwerbewachten Tor des Dannenberger Bahnhofs und in der näheren Umgebung lagern seit gestern rund 4.000 Menschen auf Schlafsäcken und Strohballen. Während hier am Nachmittag bei strahlender Sonne zu schrillen Blockflötenklängen Walzer getanzt wurde, räumte die Polizei die ersten Barrikaden auf der Straße nach Quickborn und Gorleben. Bis 16 Uhr wurden 17 Demonstranten verhaftet. Ob die Polizei die Nordstrecke Tag und Nacht absichern kann, wurde von den Aktivisten bezweifelt. Nicht zuletzt, weil es auch bei den Einsatzkräften erste logistische Probleme gibt. In Dünsche bei Lüchow haben Polizisten vier Wasserwerfer zu Schrott gefahren.
Kurz vor 5 Uhr hatte der Zug mit den sechs Atommüllbehältern gestern unter großem Polizeiaufgebot das Kohlekraftwerk im schwäbischen Walheim verlassen. 127 Demonstranten vor Ort wurden festgenommen und erst nach der Abfahrt wieder freigelassen.
Im niedersächsischen Dannenberg wurde die Atomfracht gestern gegen 19 Uhr erwartet. Die Fahrt des insgesamt aus 17 Waggons bestehenden Zuges verlief weitgehend reibungslos. In Göttingen ging es nur schrittweise voran, über 100 DemonstrantInnen blockierten die Schienen, die Polizei räumte.
Unterstützung erhielten die Castor- GegnerInnen gestern von prominenten Grünen-Politikern. Die wendländischen Grünen hatten fast den gesamten Grünen- Bundesvorstand, darunter auch die Sprecher Jürgen Trittin und Gunda Röstel und die Bonner Fraktionssprecherin Kerstin Müller sowie Landesvorstand und Fraktion aus Niedersachsen, ins Wendland mobilisiert. Sie wollen an den Blockadeaktionen teilnehmen.
Nicht ins Wendland, sondern zu Umweltministerin Merkel wollen am Freitag nächster Woche Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) und die Chefs der beiden südwestdeutschen Stromkonzerne Badenwerk und EVS. Thema des Treffens ist auch die Zwischenlagerung von Atommüll an den AKW-Standorten im Südwesten. Die Betreiber des AKW Obrigheim haben seit Jahren einen Antrag auf Betriebsgenehmigung für ein völlig überdimensioniertes Zwischenlager laufen. Allerdings handelt es sich um ein Naßlager, Castor-Behälter könnten nicht direkt eingelagert werden. Zu den Betreibern des GKN gehört die von Castor-Protesten besonders geschädigte Deutsche Bahn AG.
C.v.B./ü.o./ten Seite 7
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