Das Portrait: Ein Hoffnungsträger für San Salvador
■ Hector Silva
„Vom Stil her“, so schrieb kürzlich der Direktor einer großen salvadorianischen Radiostation über den frischgewählten Bürgermeister von San Salvador, erinnere ihn dieser an Salvador Allende. Zumindest die Hoffnungen, die in ihn gesetzt werden, dürfte Héctor Silva mit dem chilenischen Expräsidenten gemeinsam haben.
Mit einer Mischung aus „guten Manieren“, Charisma und versöhnlichen Botschaften ist der 49jährige Frauenarzt im Nachkriegs-El-Salvador über Nacht zum Hoffnungsträger geworden. Ab dem 1. Mai wird der von der Exguerilla FMLN und zwei kleineren Oppositionsparteien unterstützte Linksliberale die Geschicke der 1,5-Millionen-Hauptstadt bestimmen.
Auf Wahlplakaten hatte der selbstbewußte Mediziner und „Politiker aus Leidenschaft“, der 1947 in Boston als Sohn salvadorianischer Eltern geboren wurde, mit Seidenkrawatte und seriösem Lächeln um das Vertrauen der WählerInnen geworben. Er entspricht so gar nicht dem Schreckensbild des linksextremen Waffenfetischisten, das die rechte Arena-Partei von der FMLN zu verbreiten versuchte.
Wenn schon nicht mehr zum „Subversiven“, so stempeln politische Gegner, wie beispielsweise der scheidende Arena-Bürgermeister Mario Valiente, den populären Linkspolitiker heute gerne zum „Romantiker“.
Dabei nimmt sich das Regierungsprogramm des Neuen reichlich realpolitisch aus. Aus einer der gewalttätigsten Hauptstädte Lateinamerikas soll eine „lebenswerte Stadt für alle“ werden. Dafür will sich Silva „zuallererst“ um den Müll kümmern. Und das ist nicht etwa im übertragenen Sinne gemeint: 1.200 Tonnen Müll müssen in San Salvador – theoretisch – am Tag entsorgt werden. Gegen das Projekt einer gigantischen Verbrennungsanlage seines Vorgängers setzt der neue Bürgermeister auf Kompostierung und Recycling. Außerdem sollen Mietgesetze reformiert und Buslinien dezentralisiert werden. Und mit so ziemlich allen will Silva sich demnächst zusammensetzen: mit der Privatwirtschaft und mit den gefürchteten kriminellen Jugendgangs – „niemand wird schließlich schlecht geboren!“ –, mit den fliegenden HändlerInnen und schließlich auch mit dem Arena-Präsidenten Armando Calderón Sol, „als Zeichen des guten Willens zur Zusammenarbeit“. Anne Huffschmid
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen