■ Vorschlag: Mit Postrock im Handgepäck: Eleventh Dream Day im Loft
Daß Indierock-Bands jahrelang denselben Stiefel herunterspielen müssen, steht nirgendwo als Gesetz geschrieben. Es gibt aber auch Bands, die sich innerhalb ihrer altbewährten (personellen) Strukturen Fortschritt in die Gitarrenverstärker gestöpselt haben. Eleventh Dream Day gehören zu dieser Kategorie: eine Band aus Chicago, die jahrelang gehobene Mittelklasse im Indierock-Land war, plötzlich aber die Schnauze voll hatte. Das zeichnete sich schon auf ihrem letzten Longplayer ab, bei dessen Hören man erstaunt feststellte, daß viel Gitarrenmuff aus den Songs verschwunden war und sich so etwas Abstraktes wie „Raumgewinn“ in den Sound eingeschlichen hatte. Auf „Eighth“, ihrem mittlerweile sechsten oder siebten Album, sind sie noch einen Schritt weitergegangen. Dort finden sich neben den Songs aus der Feder ihres Songschreibers Rick Rizzos auch Einsprengsel und Instrumentals elektronischer Art: Musik, die man gemeinhin mit „Postrock“ bezeichnet.
Tatsächlich ist Chicago die Hometown von Postrock, und so wird fast zwangsläufig digital nachgerüstet. Außerdem war Eleventh- Dream-Day-Bassist Doug McCombs Gründungsmitglied von Tortoise, die Postrock am kräftigsten mit auf den Weg gebracht haben. „Eighth“ vereinigt in dieser Besetzung sehr schön junge Traditionen mit neuesten Strömungen und enthält großartige Songs. (Was viel zuwenig gewürdigt wurde: Das Album ist im großen Bemusterungs- Rezensions-Zyklus etwas auf der Strecke geblieben.)
Wer nicht vergessen werden sollte: das dritte Mitglied der Band, Janet Beveridge Bean. Die kann nicht nur subtil und knarzig trommeln und ganz bezaubernd singen, sondern sie spielt schon seit Jahren in einer zweiten Band: bei Freakwater. Dort allerdings tauscht sie das Schlagzeug mit der Gitarre und bringt zusammen mit ihrer Freundin Catherine Ann Irwin lupenreinen Country und Bluegrass auf die Bretter. Wobei man wirklich nicht behaupten kann, sie würden die guten alten und einfachen Geschichten schlechter als ihre zumeist männlichen Vorbilder erzählen. Also: zwei Bands, drei Genres, ein großer Abend. Gerrit Bartels
Eleventh Dream Day und Freakwater, 20.30 Uhr im Loft, Nollendorfplatz 5
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