■ Daumenkino: Bond der Jüngere
Manchmal gibt es Hollywoodfilme, die sind ein einziges Déjà vu, da gibt es keine wirklich frische Idee, und der Regisseur grabbelt im Setzkasten filmgeschichtlicher Klischees, als gäbe es Stockhiebe für eigene Einfälle. Genau so eine Bastelarbeit ist „The Saint“ von Philip Noyce, der uns den Profidieb Templat (Val Kilmer) nahebringen möchte. Glücklicherweise erinnert sich kaum noch jemand an die olle TV- Serie mit Roger Moore. Also könnte Auftragsfilmer Noyce eigentlich machen, was er (und die Autoren Hensleigh und Strick) will.
In der Plotte soll der freischaffende Auftragsdieb Kilmer der jungen Wissenschaftlerin Emma Russell (Elisabeth Shue) die Formel zur kalten Kernfusion entwenden. Damit will der Kriminelle (Ivan Tretiak) dann im chaotischen Rußland der nahen Zukunft die Volksmassen auf seine Seite ziehen. Natürlich klappt dieser „berüchtigte letzte Job vor dem Ruhestand“ ganz gut, natürlich verliebt sich der Meisterdieb in die smarte Engländerin, und natürlich kann man dem langmähnigen Russki nicht trauen.
Warum man nach nicht einmal einem Jahr ein Remake von „Mission: Impossible“ drehen mußte und warum der Flughafen Tempelhof von bewaffneten britischen Soldaten bevölkert wird (was weiß Noyce, was wir nicht wissen), das alles kann niemand erklären. Daß in diesem kalkulierten unkalkulierbaren Filmchen allerlei alberne Klischees auftauchen, erstaunt nicht weiter. Beispiele für feinen Autorenwitz gefällig? Demokratie bedeutet auf russisch Koks statt Wodka, und im bürgerkriegsartigen Moskau reicht es, seine Zugehörigkeit zur westlichen Welt zu bekunden, um in die verrammelte US-Botschaft zu kommen.
Nein, „The Saint“ ist ein ziemlich lausiger Film. Daß der filmkritische Daumen dann doch nicht ganz nach unten geht, liegt am Protagonistenpärchen. Die Shue gibt ein cleveres, selbstbewußtes love interest knapp jenseits der verbrauchten Klischees, und Val Kilmer hat seine Figur überraschend im Griff, ein einfallsreicher Freiberufs-Bond mit Witz und Gefühl und bei seinen zahlreichen Verkleidungen mit Mut zur Häßlichkeit. Zu schade, daß Kilmers „Saint“ seinen Leinwandeinstand ausgerechnet mit diesem Film geben mußte. Thomas Klein
„The Saint“. Regie: Philip Noyce. Mit Elisabeth Shue und Val Kilmer u.a., 116 Min.
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