Der Star des OAU-Gipfels schläft, aber Kabila beeindruckt trotzdem

■ Beim diesjährigen Afrika-Staatengipfel in Simbabwe dominieren antiwestliche Rhetorik und Lob für den Kongo

Johannesburg (taz) – Der schönste Satz des diesjährigen Gipfeltreffens der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) blieb dem libyschen Außenminister vorbehalten. Wer glaube, so Omar Mustafa Muntasser, daß sich alles in Afrika in Mondschein und Rosen verwandele, den müsse er leider enttäuschen. „Leider ist der größte Teil Afrikas auf Sand gebaut“, warnte er vor allzu überzogenen Erwartungen an den 33. OAU-Gipfel, der gestern in Simbabwes Hauptstadt Harare zu Ende ging.

Mehr als 30 Staatschefs berieten drei Tage lang über das notorisch schlechte Image von Schwarzafrika und beschworen eine neue Ära für den Kontinent, die von Demokratie, Menschenrechten und Entwicklung geprägt werde. UN- Generalsekretär Kofi Annan, selbst aus Ghana, erhielt als Gastredner donnernden Applaus für diese Vision.

Der Star des Gipfels indessen schlief den Schlaf der Gerechten. Dem Präsidenten der neuen Demokratischen Republik Kongo, Laurent Kabila, sank während der mehr als dreistündigen Eröffnungsveranstaltung der Kopf auf die Brust – direkt vor zahllosen Fernsehkameras. Nur einmal zeigte Kabila plötzlich Interesse: Als die elegante Maryam Sabi Abacha, Ehefrau des nicht anwesenden nigerianischen Militärherrschers vorbeischritt, rückte er sogar seine Brille zurecht.

Die Staatschefs bereiteten dem siegreichen Rebellen ansonsten ein herzliches Willkommen. Ausdrücklich wurde Kabila vom neuen Vorsitzenden der OAU, Simbabwes Präsident Robert Mugabe, begrüßt. Mugabe griff zugleich die westlichen Industrienationen scharf an. Der Druck seitens dieser „selbsternannten Mentoren“ auf Kabila, so schnell wie möglich Wahlen abzuhalten, sei vollkommen ungerechtfertigt. „Diese Länder haben nicht nur undemokratische koloniale Regimes unterhalten, sondern auch Diktaturen unterstützt, wenn es ihnen nützlich war“, so Mugabe in seiner Eröffnungsrede.

UN-Generalsekretär Annan widersprach vorsichtig und mahnte Kabila, die Menschenrechte zu respektieren. In einer Unterredung unter vier Augen nötigte er Kabila außerdem angesichts der Vorwürfe von Massakern an Hutu-Flüchtlingen aus Ruanda die Zusage ab, ein hochrangiges Kabinettsmitglied zu benennen, um eng mit der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR zusammenzuarbeiten.

In einem Punkt herrschte auf dem Gipfel ungewohnte Einigkeit: Einstimmig verurteilten die Staatschefs den jüngsten Militärputsch im westafrikanischen Sierra Leone und forderten die Wiedereinsetzung der gewählten Regierung unter Ahmad Tejan Kabbah. Am Dienstag abend billigten sie sogar eine Resolution, das neue Militärregime von Major John Koroma nicht anzuerkennen. Das Eingreifen der westafrikanischen Ecomog-Truppe unter nigerianischer Führung wird als gerechtfertigt betrachtet und im nachhinein wurde ein entsprechendes Mandat erteilt. Daß die Staatschefs damit gegen eines der Gründungsprinzipien der OAU – die Nichteinmischung in innere Angelegenheiten von Mitgliedsstaaten – verstoßen, fand keinerlei Erwähnung. Ebenso wurde das Problem ausgeklammert, ob ausgerechnet das Militärregime von Nigeria moralisch dazu berechtigt ist, andere Länder Demokratie zu lehren.

Erst in der abschließenden Pressekonferenz am gestrigen frühen Nachmittag kamen Mugabe und der erneut wiedergewählte Generalsekretär Salim Ahmed Salim nicht umhin, auf entsprechende kritische Fragen zu antworten. Die OAU verurteile auch die Militärregime in Nigeria und Burundi, sagte Mugabe verärgert. Afrika werde in Zukunft keinerlei Militärputsche mehr tolerieren. Kordula Doerfler