: Entgleisung im Senat
Statt Partei stoppt Verkehrskonzept: zu autofeindlich, die Bürger bevormundend, eben rot-grün-schikanös ■ Von Achim Fischer
Die Statt Partei hat Laut gegeben, drei Monate vor der Bürgerschaftswahl. Auf Wunsch des kleinen Koalitionärs der SPD hat der Senat gestern die Verabschiedung des Hamburger Verkehrskonzeptes vertagt. In dem Konzept werden die Grundsätze der Verkehrspolitik bis zum Jahr 2010 festgelegt. Die Statt Partei wehrt sich gegen „Restriktionen für den Autoverkehr“– etwa eine Erhöhung der Parkgebühren. Seine Partei sei über diese Pläne nicht informiert worden, begründete Statt-Sprecher Armin Grams gestern die überraschende Ablehnung. Die Pläne wurden im September 1995 in einer Broschüre der Baubehörde auf 170 Seiten dokumentiert.
In dem Verkehrskonzept werden drei Szenarien entwickelt. Variante A läßt das Herz jeder grünen VerkehrspolitikerIn höher schlagen, Variante B das des ADAC-Vorstandes. Die beiden Planspiele sind laut Konzept „Eckszenarien, um die gesamte Bandbreite möglicher Entwicklungen des künftigen Verkehrsgeschehens abzubilden“.
Die künftige Vekehrspolitik sollte irgendwo dazwischen liegen – dargestellt in Szenario C. Darin wird „eine Trendwende im Verkehr“angepeilt: weniger Autoverkehr, dafür ein stärkerer Umweltverbund aus Bus, Bahn, Rad- und Fußverkehr.
„Die Statt Partei ist durchaus dafür, daß der öffentliche Personennahverkehr gefördert wird“, versicherte gestern Spitzenkandidat Jürgen Hunke für seine Partei. Aber „es darf nicht sein, daß Autofahrer schikaniert werden, um sie zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel anzuhalten“. Dies seien „altbekannte Versuche aus der rot-grünen Trickiste, den Bürger zu bevormunden“.
Rot-grüne Schikanen sieht Hunke zum Beispiel in dem Vorschlag, die Parkgebühren in der Innenstadt zu verdreifachen. „Nicht mit uns abgesprochen“, klagt der kleine Koalitionär. Im Konzeptentwurf – Seite 57, Punkt 5.1 – ist der Vorschlag seit 21 Monaten veröffentlicht. Ebenfalls Vorbehalte hat die Statt Partei gegen den Bau der Stadtbahn, die das Konzept allerdings gar nicht vorschreibt, sondern nur als eine Möglichkeit nennt.
Das Konzept enthält „eine Ausrichtung, die wir nicht mittragen können“, so Statt-Sprecher Grams, nämlich die „einseitige Benachteiligung des Individualverkehrs“. Sein Parteifreund Georg Berg will aus dem Entwurf „alles raus nehmen, was den Autofahrer knebelt“. Unbeantwortet blieb, ob auch Konzept-Punkte wie der Bau des Transrapid, der Neubau einer westlichen Autobahn um Hamburg (A 20) sowie einer Autobahn durch das Alte Land (A 26) rot-grüne Autofahrer-Schikanen sind und ergo von der Statt Partei nicht mitgetragen werden.
Morgen wollen sich Bausenator Eugen Wagner (SPD), Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus (parteilos) sowie Abgeordnete der Statt Partei zu einem Gespräch treffen. Eine Stellungnahme der Baubehörde und der SPD war gestern nachmittag nicht mehr zu erhalten.
CDU-Spitzenkandidat Ole von Beust forderte ebenso „das Ende der Schikanen gegenüber den Autofahrern sowie ein sicheres, sauberes Schnellbahnsystem“.
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