piwik no script img

Das PortraitVom Feind zum Freund

■ Kim Jong Pil

Der 72jährige Kim Jong Pil soll morgen Süd-Koreas neuer Regierungschef werden. Dies kündigte der gewählte Präsident Kim Dae Jung an, der am gleichen Tag sein Amt antritt. Die beiden Kims wollen Süd-Korea gemeinsam aus der Wirtschaftskrise führen. Dabei waren sich die beiden mal spinnefeind. Kim Jong Pil gehört wie der „DJ“ genannte neue Präsident selbst schon fast zur festen Einrichtung in der südkoreanischen Politik.

Schon 1961 spielte Kim Jong Pil („JP“) als junger Oberst eine entscheidende Rolle im ersten Militärputsch. Damals verhalf er General Park Chung-Hee an die Macht, der Süd-Korea darauf zwanzig Jahre lang mit eiserner Hand regierte und wirtschaftlich wiederaufbaute. „JP“ gehörte zu den „Intellektuellen“ im Regime und baute den berüchtigten Geheimdienst KCIA auf, der Oppositionelle bis Ende der achtziger Jahre einlochte und folterte. Ein Opfer hieß Kim Dae Jung. Erst vor wenigen Tagen konnte er beweisen, daß KCIA-Schergen ihn 1973 aus einem Tokioter Hotel entführten und ertränken wollten.

Damals amtierte „JP“ bereits zum erstenmal als Regierungschef und dürfte von dem Anschlag auf Kim Dae Jung wohl informiert gewesen sein. Doch „JP“ wurde auch nachgesagt, daß er dem US-amerikanischen Wunsch nach mehr Demokratie immerhin ein halbes Ohr schenkte. Dennoch hat er sich nie so weit bekehrt, um wirklich zu einem politischen Reformer zu werden. Bis vor kurzem verteidigte er die engen Bande zwischen Industrie und Politik als Merkmal des „erfolgreichen Wirtschaftsmodells Korea“. Ob ausgerechnet er Süd-Korea aus der Krise führen kann?

Die Große Nationale Partei (GNP), die im Dezember die Präsidentschaftswahlen verloren hat, findet, „JP“ sei der falsche Mann für den Job. Mit ihren 166 von 299 Abgeordneten könnte die GNP bereits morgen die erste Krise der neuen Regierung heraufbeschwören. Doch „DJ“ ist offenbar sicher, daß genügend GNP-Abgeordnete für „JP“ stimmen. Dieser hat inzwischen über demokratische Regeln in einem modernen Staat nachgedacht und will bald mit einer Verfassungsreform die Macht des Präsidenten zugunsten des Parlaments einschränken. Dies ist auch eine zentrale Forderung von Präsident „DJ“, weshalb die beiden Kims sich gegenwärtig so gut verstehen. André Kunz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen