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Durchs DröhnlandDiskurspop, die 342.

■ Die besten, wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der kommenden Woche

Man sollte sich nicht von dem Skater auf dem Cover täuschen lassen, denn dies ist kaum weniger als die Rückkehr von Lynyrd Skynyrd, auch wenn die Zombies von Fu Manchu einen wesentlich frischeren Eindruck machen als die flugzeugabgestürzten Originale.

Der Skater entpuppt sich denn auch als einer der Pioniere der Sportart aus den 70ern und Fu Manchu als liebevoll retrospektiv grummelndes Etwas inklusive Gitarrengefechte, die offensichtlich zu Hause in Kalifornien zuviel Sonne abkriegen und auch sonst nicht so recht wissen, was sie mit sich anfangen sollen. Ihre Songs sind wie gemütliche mittelgroße Pelztierchen, durchaus anschmiegsam, können aber auch mal kurz losbrüllen. Zuletzt hat man sich noch den Trommler von Kyuss geangelt und damit den Rhythmus noch ein wenig mehr verkifft. Da hilft nur noch eins: Haare wieder wachsen lassen (anschweißen aber gilt nicht!).

Mit Spiritual Beggars, 6.3.,

21 Uhr, Huxley's, Hasenheide 108–114

In Döbeln, mitten zwischen Chemnitz, Leipzig und Dresden, erscheint Fieberkurve, ein Fanzine, das sich um die Aufarbeitung der Independent-Kultur vom ostdeutschen Standpunkt aus verdient gemacht hat. Und zudem nun die bereits vierte Compilation mit zum größten Teil noch unentdeckten Bands nicht nur aus den FNL herausbringt. Von woher die Bands auch kommen, ein gewisser Hang zum von Hamburg aus geprägten Diskurspop ist nicht zu verleugnen, aber so was ist ja nun auch ganz und gar nicht schändlich. Zum Feiern treten die Monostars aus München und Lovit aus Berlin an.

7.3., 22 Uhr, auf der Insel, Alt- Treptow 6

Ob Tortoise klar war, was sie da lostraten, als sie versuchten, Strukturen elektronischer Musik in Sound und Besetzung einer Rockband nachzuvollziehen? Übriggeblieben davon sind inzwischen ein Haufen Kapellen, die ausschließlich Rockklischees transportieren und ausformulieren – bloß ohne Gesang. Mogwai sind der aktuelle Höhepunkt dieser Welle, die garantiert nirgendwohin führt, aber dabei zeitweise ziemlich hübsch anzuhören ist. So wie die vier Schotten ihren Gitarrenrock langsam aufbauen, auf die Klimax zusteuern und schließlich entspannt zusammenbrechen, das ist filmreif. Jedes Stück gibt sich als Epos, als eine Geschichte, die erzählt werden muß und doch nur davon handelt, wie großartig Rockmusik sein kann, wenn man sie nur endlich wieder ließe. Daß sich das unglaublich grandios anhört, sei hier gar nicht bestritten, ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend aber bleibt.

7.3., 22 Uhr, Knaack, Greifswalder Str. 224

Die CD der 17 Hippies beginnt mit der inzwischen ja nun gar nicht mehr provokativen Frage „Habt ihr eure Plateauschuhe an?“. Auch ansonsten rennt das einzige Kaffeehausorchester, das heutzutage den Namen verdient, offene Türen ein, denn die Mischung aus so ziemlich sämtlichen fetenkompatiblen Musiken dieses Planeten ist zumindest unheimlich clever. Da sich die Hippies aber prinzipiell und ganz uneitel als Hintergrundbeschallung für eine gute Zeit verstehen, verwundert auch ihre neueste Idee nicht weiter: Jeden zweiten Montag im Monat werden sie in der Kulturbrauerei zum Picknick aufspielen – bei freiem Eintritt. Und sein Essen soll man auch noch selbst mitbringen.

Zum ersten Mal am 9.3., ab 19 Uhr, Kulturbrauerei, Knaackstraße 97

Das SO 36 versucht sich unter dem Titel „Deep Stage Nine“ an einer ständigen Plattform für Musikerinnen und Frauenbands, ob bekannt oder eher weniger. Fragt sich nur, ob ausgerechnet in Zeiten, in denen Frauen sowohl auf als auch hinter der Bühne immer selbstverständlicher werden, eine solche Quotierung nicht eher kontraproduktiv ist. Egal wie man diese Frage beantwortet, Aziza A, türkisch und deutsch rappende Berlinerin, die die Reihe eröffnet, sieht man immer gern.

11.3., 21 Uhr, SO 36, Oranienstraße 190

Früher einmal, und das ist schon ziemlich lange her, hießen D:A:D noch Disneyland after Dark und spielten einen ebenso ironischen wie unbeschwert stampfenden Cowpunk. Dann kam der Disneykonzern und verbot ihnen ihren Namen und sie selbst sich den Humor. Statt dessen wollten sie unbedingt Jon Bon Jovi werden. Und während der schon selbst nicht mehr so recht sein Klischeebild erfüllen wollte, versuchten sie den Mainstreammarkt aufzurollen, was ihnen aber nur in ihrer Heimat Dänemark richtig gelingen wollte. Dort sind sie ungefähr das, was ein Peter Maffay hierzulande ist. Und da muß man doch zugeben: Dänemark, du hast es besser. Vielleicht nicht sehr, aber du hast es besser.

11.3., 20.30 Uhr, Loft, Nollendorfplatz

Aus Braunschweig kommen Bata Express und singen solch herzensrührende Zeilen wie „Jetzt ist es Sommer und ich habe Kummer“. Um Diskurspop, die 342., zu sein, sind sie zwar nicht kopflastig genug, aber das ist ausnahmsweise mal recht erholsam, denn so merkt man, daß diese Musik auch funktioniert, wenn sie um eher Privates und Belangloses wie Liebe und Jugend kreist. Mancher Satz ist zwar recht kryptisch, so wie „Dann fragst du mich, warum ist es in deiner Küche so dunkel“, aber dafür hübsch kontemplativ. Dazu knarzt die Gitarre sehr beherrscht, und überhaupt wird wenig überstürzt. Im Gegensatz dazu packen Blau gerne mal die Gitarrenbreitseite aus, was Erinnerungen an Selig weckt, aber das ist ja nicht jedermann unangenehm. Auch knödelt der Sänger der Karlsruher so, als wäre ihm die deutsche Sprache peinlich und würde er lieber englisch singen. Vielleicht sollte er das dann auch besser machen.

12.3., 22 Uhr, Duncker, Dunckerstraße 64, Eintritt frei Thomas Winkler

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