: Antworten auf Letzte Fragen
Was tut der Wind, wenn er nicht weht? (21.2. 98)
Antworten, gesammelt in einer Kindergartengruppe von 3 1/2 bis 6 1/2jährigen:
– Steh'nbleiben.
– Der Wind hat vielleicht auch Freunde. Es gibt einen Wind für gestern und einen für heute. Und wenn der Wind mal krank ist und nicht wehen kann, kommt ein anderer Wind und hilft ihm.
– Er schläft dann in den Bäumen.
– Der Wind schaukelt hin und her in einer Geschichte und ruht sich dabei aus.
– Der Wind bohrt in der Nase.
– Der Wind wird von anderen abgelöst, weil er ja mal eine Pause braucht.
– Der Wind wartet in den Wolken, bis er raus kann. Vielleicht kommt er raus, weil es ihm z.B. in einer Gewitterwolke zu dunkel ist, und dann macht die Wolke die Tür auf, und der Wind kann hinaus.
– Der Wind könnte im Weltall sein.
– Der Wind schläft in den Bäumen, dann wird der Baum abgesägt, und dann schläft er aber immer noch. (Kleines Lied, gedichtet von einer 3 1/2jährigen)Regenbogengruppe des Ev. Kindergartens Ekkardstraße, Oldenburg
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Woher kommt der Ausdruck „Pappenheimer“? (14.3. 98)
An die Bürger Pappenheims, Rathaus, Marktplatz 1, 91788 Pappenheim
Unsere lieben Pappenheimer,
leider haben sich unserem Einfluß entziehende Umstände ein bisheriges persönliches Treffen verhindert, was sich für uns als eine erst kürzlich realisierte, zutiefst niederschmetternde Erkenntnis darstellte. Sei früher Kindheit schon fühlen wir uns in Ihrer verbalen Umgebung wohl und geborgen. In stiller Verehrung bewundern wir schon seit Jahren Ihre dominante Präsenz im kommunikativen Umgang unserer Mitmenschen. Sei es in Schule, Beruf, Kindergarten, Turnverein oder Blockflötenunterricht. So verschmolzen Sie, dank Ihres hohen Bekanntheitsgrades, mit unseren glücklichen Erinnerungen zu einer festen Einheit, ohne daß sich jedoch bei dem uns mittlerweile so vertrauten Ausspruch: Ich kenn' doch meine Pappenheimer! jemals die Frage stellte: „Wer sind denn diese Pappenheimer, und warum kennt sie anscheinend jeder außer uns?“ Wir fühlen uns von der Gesellschaft ausgeschlossen. Ermöglichen Sie uns die Resozialisierung, und schicken Sie bitte umfangreiches Informationsmaterial (wobei wir besonderen Wert auf den Pappenheimer „an sich“ legen würden)! Denkbar wären: wissenswerte geschichtlich-kulturelle Hintergrundinformationen; Ansichtskarten der Sehenswürdigkeiten Pappenheims; ortsübliche Handwerksarbeiten; eine Abbildung des Stadtwappens; Telefonbuch und Gelbe Seiten. In der Hoffnung auf eine erleuchtete Zukunft verbleiben wir in gespannter Erwartung und voller Zuversicht, mit freundlichen GrüßenGeorg Mertens, Gelsenkirchen
& Axel Möser, Aachen
Geht man davon aus, daß sich Pappen, ebenso wie bei Pappenstiel, vom Pfaffen ableitet, könnten mit dem Ausdruck Pappenheimer die Bewohner eines Pfarrhauses gemeint sein. Also Menschen, die jemanden oder etwas benötigen, dem sie einen übergeordneten Status einräumen können, um sich sodann unterzuordnen und der Last des freien Denkens und Handelns zu entledigen. Möglicherweise war aber statt dessen ein findiger Mensch eines schönen Tages der Tatsache überdrüssig, daß es keine auf Mitmenschen anwendbare Entsprechung zu Pappenstiel gab, einem Wort, das benutzt wird, um eine Kleinigkeit oder etwas Wertloses zu beschreiben. Es leitet sich übrigens vom holländischen Namen des Löwenzahns ab, daher wäre es anzuraten, für weitere Nachforschungen nach Holland zu fahren. Wem das zu weit ist, der verlegt seine Feldforschungen ins Altmühltal. Dort findet man, unweit von Treuchtlingen, ein idyllisch gelegenes, kleines Nest namens Pappenheim. Zwecks Vertiefung wäre noch ein Abstecher nach Niederpappenheim von Vorteil.David Kraumendahl
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Warum sucht man Dinge, die man gerade noch in der Hand hatte, am verzweifeltsten? (21.3. 98)
Weil man sie gar nicht bzw. nur kurz aus der Hand legen wollte. Daher merkt man sich den Ort, an dem man sie ablegt, überhaupt gar nicht. Unterbrochen wird man nämlich im eigentlichen Handlungsablauf vom Klingeln des Telefons. Unterwegs zum Telefon macht man die Musik leiser. X fragt wegen K am 12ten des Monats. Man sagt vorbehaltlich zu und sucht seinen Kalender, der sich – man erinnert sich – in der Jackentasche befindet. Auf dem Weg zur Garderobe fällt einem die Tasche mit dem Altglas ins Auge, die man schon seit drei Tagen runterbringen wollte. Bei der Gelegenheit könnte man einkaufen. Man schaut in den Kühlschrank, ob noch Milch da ist und macht eine Liste. Unabhängig davon, was man danach tut: Man wird drei Stunden nach dem suchen, was man vor fünf Minuten noch in der Hand hatte.Uwe Schmitter, Berlin
Das Ding, das man gerade in der Hand hatte, kann noch keinen großen Vorsprung haben. Durch verzweifeltes Suchen kann dieser Vorsprung weiter kleingehalten werden. Zumindest glaubt man das.Horst Heyd, Tübingen
Das Gewohnheitstier Mensch sucht stets nach Ventilen, um seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Die Suche nach einem Bleistift, den man eben noch in der Hand hatte, kann man mit einem emotionalen Ausbruch gleichsetzen. Beim fieberhaften Durchstöbern seines Erinnerungsvermögens verzweifelt der Mensch, da ihn sein Kurzzeitgedächtnis wieder einmal enttäuscht.
Solche Erlebnisse drohen zu einer traumatischen Hetzjagd des eigenen Intellekts zu eskalieren. Da der Mensch nicht als Verlierer aus diesem Duell hervorgehen möchte, läßt sich die Verzweiflung bei der Suche so wohl am einfachsten erklären.Stephan Lindeman
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Was ist schwieriger: sich Fragen auszudenken oder Antworten? (21.3. 98)
Da mir die Antwort auf diese Frage sehr leicht fällt, würde ich sagen, daß es schwieriger ist, Fragen zu stellen.M. Maschmann, Kaltenkirchen
Man ist eher um Antworten als um Fragen verlegen, folglich ist Antworten schwieriger.Alexander Golob, Stuttgart
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Warum hat man nach abendlichem Biertrinken am nächsten Morgen geschwollene Augen? (28.3. 98)
Es hilft einem frühmorgens, die Erkenntnis, daß der Robert De Niro der gestrigen Nacht doch nur Bauer Friese vom Nachbarhof war, besonders weichzuzeichnen.Sabine Bollig
Hatte ich noch nie!Christian Berger, Birkenfeld
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