■ Mit verseuchten Böden auf du und du: Frankfurt wartet ab
Frankfurt/Main (taz) – In einem offenen Brief hat der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) aufgefordert, umgehend für die Sanierung der mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) verseuchten Ex-US- Wohnungen zu sorgen. Es sei ein „Trauerspiel“, daß die Stadt Frankfurt als Eigentümerin sozial schwachen MieterInnen die permanente Gesundheitsgefährdung zumute, die von den krebserregenden PAK in den rund 3.000 betroffenen Wohnungen ausgehe.
Ein „gutes Beispiel“ gebe dagegen das bayerische Fürth ab, erklärte Eduard Bernhard vom BBU-Vorstand gegenüber der taz. Dort habe die Stadtverwaltung die Sanierung aller 1.200 Ex-US-Wohnungen der Kalb- Siedlung beschlossen – auf eigene Kosten. Tatsächlich sollen rund 35 Millionen Mark bereitgestellt werden, damit in allen Wohnungen die verseuchten Parkett- und Estrichböden herausgerissen und neue Böden verlegt werden können. 1996 hatte die Stadt die Siedlung für 76 Millionen Mark vom Bund gekauft, und Oberbürgermeister Wilhelm Wenning (CSU) hofft auf Unterstützung seines Parteifreundes Theo Waigel.
Der werde sich nicht lumpen lassen, glaubt auch der CSU- Bundestagsabgeordnete Christian Schmidt. Fünfzehn bis zwanzig Millionen Mark an Beihilfen würden sicherlich fließen. „Auf freiwilliger Basis“ – denn rechtlich könne der Bund für die nach dem Verkauf festgestellten Schäden nicht haftbar gemacht werden.
Ähnliches müsse doch für die ungleich finanzstärkere Stadt Frankfurt auch machbar sein, argumentiert der BBU. Offenbar will man dort aber erst das zweite Expertengespräch beim Umweltbundesamt Ende April abwarten, auf dem endlich ein einheitliches Meßverfahren zur Ermittlung der PAK beschlossen werden soll.
Die Betroffenen sind mit ihrer Geduld am Ende. Auf einer Versammlung, zu der weder der Geschäftsführer der städtischen Holding noch die Leiterin des Stadtgesundheitsamtes erschien, forderten rund 400 MieterInnen „das Fürther Modell auch für Frankfurt“. Dort werde die Sanierung nämlich „umgehend vorgenommen“ – so heißt es zumindest in einem Schreiben der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (WBG) an alle Bewohner der Kalb- Siedlung. Für die Dauer der Sanierungsarbeiten werde jeder Familie eine Ersatzwohnraum in einem Container zugewiesen. Allerdings „ohne Fernseher und Stereoanlage“. Klaus-Peter Klingelschmitt
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