■ Vorschlag: Einsicht und Reife: Continental Drifters in Huxley's Cantina
Reife und Altersweisheit, Einsicht und Gelassenheit. Eigenschaften, die einem im Zusammenhang mit den Continental Drifters spontan einfallen. Mittlerweile gern auch als „Supergroup“ des neueren amerikanischen Folks bezeichnet, sind sie weniger eine Band, der es um Ruhm, Geld und Ehre geht, in der es Knatsch und kreative Richtungskämpfe gibt. Eher sind sie ein loser Zusammenschluß von Musikern, die die gleiche Sicht auf die Welt, das Leben und die Musik haben. Als da wären: Peter Holsapple. Früher der John Lennon bei den dBs, einer Band, die Anfang der Achtziger mit „Repercussion“ und „Stand For Decibels“ zwei wirklich großartige Ami-Pop-Alben herausbrachte. Später dann bei R.E.M. und eben Drifters. Dann Susan Coswill, Ehefrau von Holsapple und Mitglied einer der ersten großen Popfamilien in den Sechzigern, den Coswills. Vicky Peterson sang und spielte einst mit den Bangles „Manic Monday“. Schließlich Mark Walton, bei dem alles in der Diskographie steht, was seinerzeit im Paisley- und Wüsten-Underground kreuchte und fleuchte: Dream Syndicate, Giant Sand, Blacky Ranchette, Reivers, John Wesley Harding. Mal große Namen, mal kleinere Namen, und auch den beiden anderen Drifters-Mitgliedern könnte man, wenn Platz wäre, den einen oder anderen Credit geben.
Man kennnt sich, schätzt sich, tauscht sich aus, teilt Schicksale, und wenn es wie im Fall der Continental Drifters zu gemeinsamen Touren, sechsjährigem Bestehen und gar zwei Alben reicht, um so besser. Denn auch die Drifters wissen: „We were born alone, we're alone when we're gone, so while we're here, we might as well just sing along.“ Koketterie mit einem Körnchen Wahrheit. So zeichnet die Songs neben den obengenannten Eigenschaften auch eine herbstliche, in milchiges Licht getauchte Melancholie aus, die läßt auch Einsichten wie diese aushalten: „Emptiness is the foundation, soul and center of our little nation.“ Ab und an klingt das dann eine Idee zu abgeklärt, da fehlt juveniler Sturm und Drang, da macht ein Song wie „Darlin, Darlin“ schmerzlich bewußt, daß Peter Holsapple seit den dBs-Zeiten nie wieder einen wirklich großen Song geschrieben hat. Doch zumeist läßt man sich mit den Continental Drifters gern den Weg nach Hause zeigen und das Herz aus mancher Finsternis befreien. Gerrit Bartels
Ab 21 Uhr, Huxley's Cantina, Hasenheide 116, Kreuzberg
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