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Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine

A

Armageddon USA 1998, R: Michael Bay, D: Bruce Willis, Billy Bob Thornton, Steve Buscemi

„Logik, selbst deren rudimentäre Reste, darf man von einem Film wie „Armageddon“ nicht erwarten. Es wäre vermessen, zu hinterfragen, warum die NASA einen verlotterten Trupp Ölbohrer zur Asteroiden-Abwehr in den Weltraum beordert und nicht etwa - man könnte ja auf die Idee kommen - ausgebildete Astronauten. Geschenkt. Hier zählt nur das Wesentliche: Macht kaputt, was euch kaputtmacht - und sicherheitshalber auch alles andere. Alles an diesem Film ist übertrieben und restlos aufgebläht. Die patriotischen Anwandlungen der klotzigen „Americana“ sind salbungsvoller als Bill Pullmans Rede in „Independence Day“, und die Love-Story zwischen Liv Tyler und Ben Affleck hätte auch den Beifall von Doris Day gefunden. Doch gerade im selbstironischen Spiel mit den Klischees des Genres entfaltet sich der subversive Witz des Macho-Spektakels: „Armageddon“ ist der erste Hollywood-Mainstream-Film der Neunziger, der gesund und unmoralisch gegen die Seuche der political correctness agitiert: Wenn die Menschheit schon draufgeht, dann bitte Frauen und Kinder zuerst.“ (Cinema) Europa, UFA-Palast, CinemaxX, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Arielle, die Meerjungfrau USA 1997, R: Ron Clements

„Zur Wiederaufführung spendierte Disney neue deutsche Synchronstimmen (u.a. Jan Josef Liefers) und neue Gesangsversionen. Erwischt hat's Ute Lempers Gesang. Das tut uns aber leid.“ (TV-Spielfilm) Schauburg, CinemaxX, Lichtspielhaus (Del), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

B

Bean Großbritannien 1997, R: Mel Smith, D: Rowan Atkinson, Burt Reynolds

„Atkinson und sein Regisseur Mel Smith taten gut dran, den unverkennbaren, clever zwischen Stummfilmheroen wie Langton und Keaton sowie modernen Leinwandkasperln wie Lewis und Carey angelegten Tunichtgut weitgehend unangetastet zu lassen: immer noch hinterläßt der Kindskopf mit dem Gemüt eines Simplicissimus eine Spur der Zerstörung, ohne sich des Umfangs seiner Handlungen bewußt zu sein. Der Schritt auf die große Leinwand ist ein Unternehmen, bei dem nichts schiefgehen kann.“ (Blickpunkt: Film) City

Besser geht's nicht USA 1997, R: James L. Brooks, D: Jack Nicholson, Helen Hunt

„Leute, die Metaphern benutzen, können mir den Schritt schamponieren“ – O ja, Melvin Udall (Jack Nicholson) ist ein wahres Herzchen! Das läßt er Leute spüren, die auf seinem angestammten Platz im Restaurant sitzen, ihn fragen, wie's ihm geht oder einfach nur im Weg sind. Drei „Golden Globe“-Auszeichnungen (für Nicholson, Hunt und die Beste Komödie) lassen erahnen, wie gut diese hundsgemeine, herzerweichende Liebesgeschichte ist. Absolutes Highlight bleibt aber Jack Nicholson als „Rain Man“ mit mieser Laune, zweifellos eine dankbare Rolle, die ihm perfekt paßt. Eigentlich ist dem Titel nichts hinzuzufügen: Besser geht's nicht!“ (TV-Spielfilm) CinemaxX, UT-Kino

Blues Brothers 2000 USA 1998, R: John Landis, D: Dan Aykroyd, John Goodman, Joe Morton

„Es ist das Schicksal jeder Fortsetzung, mit dem Vorgänger verglichen zu werden; besonders, wenn sie fast 20 Jahre auf sich warten läßt. Leider hat sich das Warten auf „Blues Brothers 2000“ kaum gelohnt, auch wenn die Neuauflage mit irrwitzigen Autokarambolagen und Auftritten von James Brown, Aretha Franklin etc. dem ersten Teil gerecht zu werden versucht. „Blues Brothers“ war Kult, als der Begriff noch nicht inflationär gebraucht wurde, und entsprechend groß war die Vorfreude, die vertrauten Figuren wiederzusehen. Aber leider ist die Fortsetzung zu sehr Abklatsch und, trotz guter Musik von der Creme der Bluesmusiker, einfach nicht witzig genug. (TV-Spielfilm) CinemaxX, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Brombeerzeit Großbritannien 1997, R: David Leland, D: Catherine McCormack, Rachel Weiz, Anna Friel

„Drei hübsche junge Frauen in Uniform, temperamentvolle Städterinnen, die als Freiwillige auf einem Bauernhof beim Melken und Mistschippen, Pflügen und Rübenhacken mittun: „The Land Girls“ (so der Originaltitel) beschwört die Kriegsjahre in Südengland herauf, als eine Frauen-Hilfsarmee tatkräftig an der landwirtschaftlichen Heimatfront die Versorgung in Gang hielt. Der herzhafte, altmodisch freundliche Film (nach einem Roman von Angela Huth) schaukelt zwischem Amüsantem und Sentimentalem dahin, gönnt jeder Heldin eine Nacht mit dem gutmütigen Jungbauern und kippt erst am Ende ins Moralisch-Melodramatische ab, weil ja ein Krieg nicht ausgehen kann, ohne daß ein wenig gestorben wird. Luftwaffen-Liebhaber können eine echte Messerschmitt 109 über die Szenerie knattern sehen, von den titelgebenden Brombeeren fehlt aber jede Spur.“ (Der Spiegel) Cinema, UT-Kinocenter

C

Caipiranha Deutschland 1998, R: Felix Dünnemann, D: Rainer Basefow, Christine Kaufmann

„Fiese Nachbarn sind lustig - im Film. So läuft es auch bei den Wolters und den Grabowskis. Erst vernageln sie das gemeinsame Gartentor, dann errichten sie vier Meter hohe Lattenzäune, füttern schließlich ihre Katzen mit nachbarlichen Zierfischen und füllen Insektenvernichtungsmittel in Shampooflaschen. Alles nette Tips zum Nachahmen, aber der richtige Wahnsinn will bei Felix Dünnemanns Kinodebüt nicht aufkommen. Dabei wäre es so schön gewesen, wenn die Planierwalze nicht an der Terrassentür haltgemacht hätte. Zurückhaltung wünscht man sich eher beim Einsatz angedroschener Klischees: Müssen arbeitslose Akademiker denn immer bei Kerzenlicht Scrabble spielen, 16jährige gleich beim ersten Mal schwanger werden? Dies sind leider keine Killerhaie, sondern nur Zierfische.“ (Cinema) CinemaxX, Passage (Del)

Charlie und Louise Deutschland 1994, R: Joseph Vilsmeyer, D: Fritzi & Florianne Eichhorn, Heiner Lauterbach

„Neuverfilmung des Erich Kästner-Romans um zwei zehnjährige Zwillingsschwestern, die sich durch einen Zufall kennenlernen und entdecken, daß sie als Babys bei der Scheidung der Eltern getrennt wurden. In der Inszenierung eher glanzlos, überzeugt der Film vor allem durch seine symphathischen Darsteller, dank derer er doch manches von Kästners liebenswerter Utopie von harmonischem Familienleben vermittelt.“ (Zoom) Atlantis

Chinese Box USA 1997, D: Wayne Wang, D: Jeremy Irons, Gong Li

„Als ich ,Chinese Box' sah, verwandelte ich mich in einen sterbenden Journalisten, betört von einer Stadt und einer bestimmten Frau in dieser Stadt. Ich wurde also verführt durch die Obsessionen dieses Films, obwohl ich mich vorher kaum für das Schicksal von Hongkong interessiert hatte. Die launenhaft erzählte und oft sentimentale Geschichte versperrt den Weg zu Wangs eigentlichem Brennpunkt, der in der undurchdringlichen Natur des Fremden und den Risiken der Entwurzlung liegt. Es gibt sicher viele, für die der Film nicht viel mehr als cineastisches Gekritzel ist: kunstvoll entworfen aber aufreizend unwirklich. Für mich liegt aber die Kraft von Wangs Film fast ganz in seinem grüblerischem Subtext – in der Art, wie er den Konventionen des Plots ausweicht, um die Offenbarungen in Charakteren und Stimmung zu suchen. Jeremy Irons bringt unerwartete Wärme und Schärfe in die Rolle des suchenden Journalisten, Gong Li spielt eine klassische Überlebende, eine Person mit vielen polierten Oberflächen und unterdrückten Emotionen. Als eine elegante und sorgenvolle Liebeserklärung an ein verlorenes Land spricht ,Chinese Box' all jene an, die je versucht haben, die Heimat an einem Ort oder bei einer Person zu finden, nur um in sich selber heimisch werden zu können.“ (The New Yorker) Europa

Comedian Harmonists Deutschland 1997, R: Joseph Vilsmaier, D: Ben Becker, Ulrich Noetken, Kai Wiesinger

Diese posthume Erfolgsgeschichte mußte natürlich auf der großen Leinwand enden, und der große Gefühlsbademeister Vilsmaier ist wohl auch der richtige Mann dafür. Man könnte sich zwar auch eine schön böse Tragikomödie von Helmut Dietl vorstellen, die dem raffinierten Witz ihrer Lieder sicher näherkäme, aber bei Künstlerbiographien mit solchen Pflichtzutaten wie „Aufstieg und Fall“, den Greatest hits und Schauspielern, die den Originalen möglichst ähnlich sehen, stört zuviel Originalität nur. Nur die Diskrepanz zwischen dem eher schwerfälligen Film und der leichtfüßigen Musik der Comedian Harmonists irritiert etwas: dies ist der kleine grüne Kaktus in Cinemascope. (hip) City

D

Deep Impact USA 1998, R: Mimi Leder, D: Robert Duvall, Tea Leoni, Maximilian Schell, Morgan Freeman

„Mit einem Kometen, der auf die Erde zustürzt, droht der Menschheit, wenn sie Pech hat, etwa dasselbe Malheur wie den Dinosauriern vor 65 Millionen Jahren. Für ein Kinoszenario jedoch erweist sich diese Weltuntergangsdrohung als wenig aufregend und geradezu lächerlich banal: Hollywood-Weichkäse also, so gut wie mancher andere, der nicht einmal in den Gemütern von Katastrophenfreaks einen tiefen Einschlag („Deep Impact“) verursachen wird. Diesmal kommt, alles andere als überraschend, die Menschheit mit einem blauen Auge davon, doch der nächste Riesenkomet aus Hollywood wird unter dem Titel „Armageddon“ schon in zwei Monaten in den deuschen Kinos einschlagen.“ (Der Spiegel) Ufa-Palast, CinemaxX, Passage (Del)

Drei Caballeros USA 1944, R: Walt Disney

„Zeichentrick-Kurzfilme mit südamerikanischen Themen, kombiniert mit Realaufnahmen und aneinandergekoppelt durch Sequenzen mit Donald Duck in der Rolle eines Touristen. Obgleich zu unausgewogen und locker konstruiert, ist das Programm mit seiner Fülle zeichnerischer Ideen recht unterhaltsam.“ (Lexikon des internationalen Films) Kino 46

E

Eine Hochzeit zum Verlieben USA 1997, R: Frank Coraci, D: Adam Sadler, Drew Barrymore

„Daß die achtziger Jahre eine einzige Geschmacksverirrung waren, wird nach diesem Film niemand mehr bestreiten. Die Kitschkomödie um einen erfolglosen Sänger (Adam Sandler) und seine große Liebe (Drew Barrymore) läßt nichts aus. Stirnbänder, Fußballerfrisuren, New-Wave-Möbel und Pirate-style. Ziemlich komisch, wenn es nicht so gräßlich wäre.“ (Der Spiegel) UT-Kino, CinemaxX, Passage (Del), Wall- & Ziegelhofkinos

Ein Fall für die Borger Großbritannien 1997, R: Peter Hewitt, D: John Goodman, Mard Williams

„Für die Familie Clock, die zum Völkchen der „Borger“ gehört, ist jeder Kühlschrank ein Everest, jede Küchendurchquerung ein Abenteuer a la „Indiana Jones“. Die zwergenhaften Clocks leben unter den Häuschen der Lenders, von denen sie sich „borgen“, was sie brauchen. Als ein habgieriger Anwalt (John Goodman) das Haus abreißen lassen will, eilt die pfiffige Arietty Clocks zu Hilfe. Die Ausstattung ist exquisit, die Effekte sind, obwohl kein Hollywood-Standard, charmant. Liebevoller geht's kaum.“ (Tv-Spielfilm) UFA-Palast

Ein langes Leben Dokumentarfilm Deutschland 1998, R: Konstanze Radziwill / Sara Fruchtmann, D: Olga Bontjes van Beek, Helmut Schmidt

Der Film erzählt anhand von Interviews mit Familienangehörigen und Freunden die Lebensgeschichte der Fischerhuder Tänzerin und Malerin Olga Bontjes van Beek, die 1995 im Alter von 98 Jahren gestorben ist. Daß Altbundeskanzler Helmut Schmidt vor der Kamera gesteht, ein heißer Verehrer der schönen Olga gewesen zu sein, ist nur einer der vielen schönen Szenen dieses atmosphärisch liebevoll gemachten Films. (zott) Kino 46

F

Frau Rettich, die Czerni und ich Deutschland 1998, R: Markus Imboden, D: Iris Berben, Jeanette Hain, Martina Gedeck

„Wenn deutsche Filme ihre Figuren ins Chaos stürzen wollen, schicken sie die Ärmsten auf Reisen. Amore und Krach. Daß dieses Reisemotiv ein spießiges Überbleibsel aus Caprifischer-Tagen ist, kann die Verfilmung von Simone Borowiaks Roman nicht verhehlen. Drei Frauen unter spanischer Sonne, an ihrer Seite ein paar Kerle (fast filmrettend: Olli Dittrich) und der obligate Filmschwule (Dirk Bach) – und schwupp ist die Klamotte fertig. Zielgruppe: alle, die Pauschalreisekataloge für Literatur halten.“ (Der Spiegel) UFA-Palast

Freundinnen und andere Monster Deutschland 1998, R: Mika Kallwass, D: Wolke Hegenbarth, Ivonne Schönherr

„Kinder können grausam sein, besonders in diesem bestimmten Alter; Stichwort: Pubertät. Leider wirkt der Versuch erwachsener Filmemacher, Jugendkultur und Jugendsprache zu erfassen, oft steif und aufgesetzt. Daher haben die Drehbuchautoren die Kids selbst gefragt. Ob Regisseurin Mika Kallwass das getroffen hat, was ihre Girlie-Komödie der nächsten „Bravo“-Generation sagen will, muß die Zielgruppe im Kino schon selbst entscheiden. „Freundinnen...“ hat streckenweise durchaus Tempo und Witz, auch wenn mancher Dialog aus „Verbotene Liebe“ entliehen scheint, und das Ganze manchmal wie ein Update der „Lümmel von der ersten Bank“ wirkt.“ (TV-Spielfilm) UT-Kinocenter

G

Gattaca USA 1997, R: Andrew Niccol, D: Uma Thurman, Ethan Hawke, Gore Vidal

„Irgendwann in ferner Zukunft werden schlechte Charakterzüge des Menschen mittels Genmanipulationen eliminiert. But nobody is perfect. Und so entpuppt sich die künstlich gezüchtete Gruppe der Menschen als gar nicht so astrein. Vor allem der Umgang mit Vincent (Ethan Hawke), einem auf natürliche Weise Geborenen, der niedrige Arbeiten verrichten muß. Als er heimlich die Identität eines Höhergestellten annimmt, scheint sein Traum, Astronaut zu werden, in greifbare Nähe gerückt. Doch dann gerät er unter Mordverdacht und sein Betrug droht aufzufliegen. Ein intelligenter Science-Fiction-Film, der in durchdachter Erzählweise Kritik an den Auswüchsen der Wissenschaft übt und die Zerstörung der Individualität zugunsten kontrollierter Gleichmacherei anprangert.“ (Bremer) Schauburg, CinemaxX

Grease USA 1978, R: Randal Kleiser, D: John Travolta, Olivia Newton-John

„Ist das wirklich schon zwanzig Jahre her, daß John Travolta „Sandy“ ins Mikro schluchzte und dann wie ein „Greased Lightning“ abzischte? Höchste Zeit für Nostalgie im Kino! „I got chiiills, they're mulitilying...“ (TV-Spielfilm) City, CinemaxX, Gloria, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

H

Harry außer sich USA 1997, R: Woody Allen, D: Woody Allen, Robin Williams, Kristie Alley

Der Originaltitel ist Programm bei Woody Allens neuem Film. In „Deconstructing Harry“ nimmt er sein Alter ego, den altbekannten Stadtneurotiker, so konsequent und gnadenlos auseinander wie noch nie vorher. Etwa in der Mitte des Films beginnen dann sogar seine Romanfiguren gegen ihren Autor zu rebellieren. So viele gute one-liner sind selbst in einem Allen-Film selten und die visuellen Gags stehen den verbalen in nichts nach. So spielt Robin Williams in einer wunderbar kafkaesken Episode einen Filmstar, der immer unschärfer wird, und wir sehen ihn tatsächlich als verschwommenen Fleck durch die Szenen wandern. So böse, kompromißlos und originell war Allen schon lange nicht mehr. (hip) Atelier

Härtetest Deutschland 1997, R: Janek Rieke. D: Janek Rieke, Lisa Martinek

„Jonas ist 26. Er frühstückt mit seiner Mutter, arbeitet für seinen Vater, hat Angst vor Schlangen, reagiert allergisch auf Nüsse und würde niemals Drogen nehmen. Und dann verliebt sich Jonas in die hartgesottenste Frau der Stadt. Der junge Filmemacher Janek Rieke hat es gewagt, eine weitere deutsche Komödie zu drehen, und die ist tatsächlich lustig geworden. Er spielt den Jonas als ängstlichen Hasenfuß, der sich in die radikale Ökokämpferin Lena verliebt, in dieser charmanten Liebeskomödie mit einer erfrischenden „Katja-Riemann-Freizone“. (Der Spiegel) Cinema

I

Ihre Majestät Mrs. Brown Großbritannien 1997, R: John Madden, D: Judi Dench, Billy Connolly

„Es war einmal eine Königin, die war nach dem Tod ihres geliebten Prinzen schon seit vielen Jahren so traurig, daß sie sich immer mehr vor ihrem Volk versteckte. Bis eines Tages ein einfacher Stallbursche auftauchte. Der bot der Monarchin sein Pony und seine Freundschaft an. Und so fand die Königin wieder Freude am Leben und herrschte noch viele Jahre. Kein Märchen, sondern die wahre Geschichte der Queen Victoria. Nach dem Tod von Prince Albert fiel sie anno 1864 in tiefe Depressionen - und das Königreich drohte auseinanderzufallen. Erst durch die Begegnung mit dem ruppigen aber herzensguten Stallknecht John Brown bekam die Lady wieder Lust am Leben. Judi Dench, bislang durch kauzige Nebenrollen a la „Zimmer mit Aussicht“ bekannt, spielt die Königin der Traurigkeit mit Bravour. Während andere Kostümfilme oft selbstverliebt mit ihrer Ausstattung hausieren gehen, regiert hier geschickte Dramaturgie .“ (Dieter Osswald) Gondel

J

Jenseits der Stille Deutschland 1996, R: Caroline Link, D: Howie Seago, Emmanuelle Laborit

„Caroline Link zeigt, daß mit dem deutschen Kino auch dann noch zu rechnen ist, wenn ihm das Lachen vergangen ist: Eine Tochter gehörloser Eltern wird ausgerechnet Musikerin. Die Eltern begreifen nicht, daß sie sich mit ihrer Klarinette jenseits der Sprache ausdrücken kann – genauso wie diese mit ihren Gebärden. Mit „Jenseits der Stille“ ist der jungen Regisseurin ein wunderbar musikalischer Film aus der Welt der Taubstummen gelungen.“ (Der Spiegel) Cinema

Jerusalem Schweden 1996, R: Bille August, D: Ulf Friberg, Maria Bonnevie, Perlilla August

„Schweden um 1880: Um sein Erbe betrogen, muß der junge Ingmar hoch in den Wäldern im Sägewerk arbeiten, während im Dorf ein religiöser Fanatiker die Gemeinde aufwiegelt. All ihr Hab und Gut sollen sie verkaufen und ihm nach Jerusalem folgen, denn das Ende der Welt sein nah. Unter den Anhängern des Eiferers ist auch Gudrun, Ingmars große Liebe. Die Menschen in diesem epischen Heimatfilm nach dem Roman von Selma Lagerlöf sind wortkarg und verschlossen, aber innerlich brennen sie vor Sehnsucht und Leidenschaft. Ein Film, so schön und traurig, daß jeder schluchzt (auch wenn's am Ende wieder keiner gewesen sein will).“ (tip) Filmstudio

L

L.A. Confidential USA 1997, R: Curtis Hanson, D: Guy Pears, Russell Crowe, Kevin Spacey, Kim Basinger

„Wahrscheinlich kommen einem angesichts von „L.A. Confidential“ so viele andere, ältere Filme wie „Chinatown“ und die besseren Chandler- und Hammett-Adaptionen in den Sinn, weil diese James Ellroy-Verfilmung all jene Qualitäten aufweist, die sich die heutigen amerikanischen Studioproduktionen mit ihren schlichten Formeln und simplen Konzepten nicht mehr leisten zu können glauben: Sie wagt eine ungeheure Komplexität, läßt Raum für Widersprüche und Irritationen und nimmt sich viel Zeit für die Schilderung von durchwegs ambivalenten Figuren. Wenn nicht alles so modern und zeitgemäß anzusehen wäre, könnte man sagen: ein wunderbar altmodischer Film“ (epd-film) Filmstudio

Land Girls Großbritannien 1997, R: David Leland, D: Catherine McCormack, Rachel Reiz, Anna Fiel / Originalfassung ohne Untertitel

Originalfassung und Originaltitel von „Brombeerzeit“. Kurzkritik siehe dort. UFA-Palast

Liebe auf der Flucht Frankreich 1978, R: François Truffaut, D: Jean-Pierre Leaud, Marie-France Pisier

„Antoine Doinel, inzwischen über 30, ist immer noch nicht ganz erwachsen und stets „auf der Flucht“ vor Verantwortung und allzu festen Bindungen. Sein Spieltrieb setzt ihn auf die Spur einer geheimnisvollen Schönen, die ihn in die Vergangenheit zurückführt und alte Freundinnen wiederbegegnen läßt. Truffaut und Antoine ziehen eine Art Bilanz der zurückliegenden Jahre: Zahlreiche Zitate aus früheren Antoine-Doinel-Filmen (die fast ein Viertel des Films ausmachen) zeigen die Kontinuität und die Veränderung im Verhalten des Helden seit 1959 als heiter-melancholische Reminiszenz.“ (Lexikon des internatioalen Films) Kino 46

Liebe! Stärke! Mitgefühl! USA 1997, R: Joe Mantello, D: Jason Alexander, Randy Becker, John Glover

„Acht homosexuelle Freunde verbringen die Wochenenden an drei amerikanischen Nationalfeiertagen gemeinsam auf einem idyllischen Landsitz. Sie gestehen sich ihre Ängste ein, tragen Konflikte aus und beschwören ihre Freundschaft. Eine wehmütige, trotz einiger dichter Momente weitgehend langweilige Komödie voller Klischees, deren Konfliktpotential kaum ausgelotet wird. Eindimensionale Charaktere mindern zusätzlich das Interesse.“ (filmdienst) Kino 46

Lost Highway USA 1997, R: David Lynch, D: Bill Pullman, Patricia Arquette

„Wer rationale Erklärungen für diese faszinierende Reise in die Tiefen des Unterbewußtseins erwartet, wird von Lynch enttäuscht. Denn der Kino-Visionär konfrontiert in seinem Film-Puzzle das Publikum mit einer anderen Welt, auf die sich jeder selbst einen Reim machen muß. Raum, Zeit und Realität sind bloß Spielmaterial, um Themen wie Seelenwanderung, Persönlichkeitsspaltung oder schicksalshafte Kreisbewegungen effektvoll in Szene zu setzten. Zwischen Kafka und Hitchcock, Schizophrenie und Paranoia pendelnd ist „Lost Highway“ ein kompromißloses, wenn auch nicht restlos überzeugendes Experiment, das sich als betörendes Beiwerk oder als bewußtseinserweiternde Kinodroge interpretieren läßt.“ (Bremer) CinemaxX

M

Das magische Schwert USA 1998, R: Frederick du Chau

„Nach dem nicht so richtig erfolgreichen Versuch der Fox-Studios, dem Marktführer Disney mit ,Anastasia' Konkurrenz zu machen, versucht nun also Warner Bros. – Heimat von Tricklegenden wie Bugs Bunny und Daffy Duck –, in die ,Domäne Disney' einzubrechen. Das auf der Artussage basierende Trickmärchen mit feministischem Touch und zielgruppengerechten Songs (auf deutsch gesungen von Nena und Hartmut „Pur“ Engler, im Original von Celine Dion, „The Corrs“ und Andrea Bocelli) ist ein harmloser Familienspaß ohne große Überraschungen, der zeichnerisch aber ein wenig enttäuscht. Nett, gediegen und nur dann so richtig witzig, wenn ein ständig mit sich selbst streitender Drache mit den Stimmen der einstigen „Doofen“ Wigald Boning und Olli Dittrich pappert.“ (TV-Spielfilm) Schauburg, CinemaxX, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Der Mann mit der eisernen Maske USA 1998, R: Randall Wallace, D: Leonardo DiCaprio, Jeremy Irons, Gerard Depardieu

„Bei ,Titanic' war das Eis sein Schicksal, jetzt spielt Leonardo DiCaprio selbst einen Eisberg: den jugendlichen Louis XIV., der seinen Hofstaat demütigt, das Volk hungern läßt und diverse Hofdamen flachlegt. Schlimm, schlimm, findet Übervater d'Artagnan, und prompt erwachen auch die anderen Musketiere aus dem Vorruhestand. Zwar sagen sie weiter brav ihre Kalendersprüche auf, ersinnen aber einen Plan, den bösen König gegen dessen Zwillingsbruder auszutauschen. Der langweilt sich in einem Kerker... “ (Der Spiegel) UT-Kinocenter

Mäusejagd USA 1997, Gore Verbinski, D: Nathan Lane, Lee Evans

„Die Brüder Ernie und Lars Smuntz erben eine Fabrik, ein Haus und eine Maus. Die Fabrik scheint den Brüdern wertlos zu sein, das Haus aber wollen sie versteigern; nur die Maus muß raus. Der Werbefilmer Gore Verbinski nutzt diesen einfachen Plot, um zu zeigen, was er so alles kann. Aber nach der zehnten überrraschenden Kamerafahrt ist die „Tom und Jerry“-Dramaturgie verbraucht, und auch die Maus fängt irgendwann an, höllisch zu nerven.“ (tip) CinemaxX

Das Mercury Puzzle USA 1998, R: Harold Becker, D: Bruce Willis, Miko Hughes, Alec Baldwin

„Viele Fragen bleiben offen nach Harold Beckers letzlich enttäuschendem Thriller mit Starbesetzung. Der neunjährige Autist Simon knackt den geheimen Zugangscode zum noch geheimeren „Mercury-Programm“. Wie? Anscheinend stand der Code in einem Kreuzworträtselheft, natürlich verschlüsselt. Warum, bleibt offen. Um die weitere Verbreitung des Codes zu verhindern, schickt Lt. Colonel Kudrow (Alec Baldwin) sein Spezialisten los. Auftritt FBI-Agent Art Jeffries (Bruce Willis), der den kleinen Codeknacker beschützen will. Obwohl streckenweise nicht unspannend, mißlingt dem Drehbuch der Spagat zwischen „Der einzige Zeuge“, „Rain Man“ und so ziemlich jedem Actionstreifen mit Bruce Willis. Nichts gegen den „Stirb langsam“-Star, aber wie oft wollen wir Willis noch mit gezogener Pistole um Häuserecken lugen sehen?“ (TV-Spielfilm) UT-Kinocenter, CinemaxX

Mr. Magoo USA 1997, R: Szanley Tong, Leslie Nielsen, Kelly Lynch

„Es ist bezeichnend, daß Disney in politisch korrekten Zeiten wie diesen am meisten damit zu tun hatte, die aufgebrachten Blindenverbände zu besänftigen. Am Ende des Films steht folglich ein Hinweis, nichts in „Magoo“ sei eine „akkurate Darstellung von Blindheit oder Sehschwäche“. Übersehen hat man dabei aber noch etwas: den Witz. Millionär Quincy Mogoo ist zu eitel (oder dämlich?), um eine Brille zu tragen, die er eigentlich dringend braucht. Das allein führt zu allerlei Chaos. Leslie Nielsen war mal komisch, jetzt ist er nur noch albern und stolpert durch kalmaukigen Slapstick, dem auch Regisseur Stanley Tong („Rumble in the Bronx“) nicht auf die Sprünge helfen kann.“ (TV-Spielfilm) UT-Kinocenter, CinemaxX

Mord im Weißen Haus USA 1997, R: Dwight H. Little, D: Wesley Snipes, Diane Lane

„Ein schwarzer Beamter des Washingtoner Morddezernats soll den Tod einer Frau aufklären, die im Weißen Haus ermordet wurde. Nicht nur durch die Secret-Service-Beamtin, die ihm an die Seite gestellt wird, merkt er, daß ihm nur frisierte Imformationen zugänglich sind, weil der Präsident, sein Sohn und der Sicherheitschef des Oval Office zu den Verdächtigen zählen. Polizei-Thriller, der sich damit begnügt, die Mechanismen des Genres routiniert in Gang zu setzten. Kurzatmige Anspielungen auf aktuelle Zusammenhänge verpuffen ohne inhaltlichen Widerhall.“ (film-dienst) UFA-Palast

O

Oscar und Lucinda USA/Australien 1997, R: Gillian Armstrong, D: Ralpf Fiennes, Cate Blanchett

„Rothaarig sind sie beide, Lucinda im Kastanienton, Oscar hagebuttenfarbig, und beide sind sie leidenschaftliche Spieler. Dies erhöht ihre erste Begegnung – im Jahre 1857 an Bord des Dampfseglers „Leviathan“ unterwegs von England nach Australien – ins schicksalhaft Dramatische. Ansonsten jedoch sind die beiden von großer Gegensätzlichkeit, sie eine emanzipierte, risikolustige Jung-Unternehmerin, er ein selbstquälerisch vergrübelter Priester, der die Aborigines missionieren will. Die windungsreichen, höchst pittoresken Lebensabenteuer der beiden hat der australische Schriftsteller Peter Carey 1988 in einem gerühmten und prämierten Roman ausgemalt; die Filmfassung der australischen Regisseurin Gillian Armstrong jedoch, aufwendig, bilderreich und durchaus imposant, trägt schwer an den Früchten des Literarisch-Bedeutsamen. Obwohl ihre Stars Cate Blanchett und Ralph Fiennes sich mächtig ins Zeug legen, bleibt alle Leidenschaftlichkeit an den roten Haaren herbeigezogen.“ (Der Spiegel) UT-Kinocenter

R

Riekes Wildpferd Norwegen 1994, R: Morten Kolstad, D: Linda Digernes

„Blitz und Donner reißen eines Nachts die zwölfjährig Rieke aus dem Schlaf. Als sie aus dem Fenster schaut, erkennt sie im Gewitterregen ein verletztes Wildpferd, das sich auf den Hof ihrer Eltern in einem norwegischenn Dorf geflüchtet hat. Der norwegische Kinderfilm bietet eine spannende Geschichte vor schönen landschaftlichen Kulissen, und Regisseur Kolstad reichert ihn mit zahlreichen gut fotografierten Tieraufnahmen aus der Bergwelt an.“ (Reinhard Kleber) Gondel

Die Rote Deutschland/Italien 1962, R: Helmut Käutner, D: Ruth Leuwerik, Gerd Fröbe

„Käutners mißlungener Film, nach dem Roman von Alfred Andersch, über die kriminellen und erotischen Abenteuer, in die eine aus oberflächlicher Ehe und gleichzeitigem Liebesverhältnis aussteigende junge Frau in Venedig verwickelt wird. Ein ebenso reißerischer wie träger Schmarren. Ruth Leuwerick blieb der Romanfigur Franziska ihre intelligente Vitalität schuldig; Gerd Fröbe hat in der Rolle des Nazimörders Kramer eine Glanzleistung zu verzeichnen.“ (Lexikon des internationalen Films) Kino 46

S

Sechs Tage, sieben Nächte USA 1998, R: Ivan Reitman, D: Harison Ford, Anne Heche

„Wenn ein Mann und eine Frau ganz offensichtlich nicht zusammenpassen, so kann, zumindest in altmodischen Kinokomödien, eine unfreiwillige Robinsonade auf einer Südseeinsel Wunder wirken. Anne Heche und Harrison Ford führen mit flottem Dialog-Pingpong vor, wie die hektische Modezicke den Buschpiloten, der sie durch eine Notlandung gerettet hat, als Survival-Partner schätzen und lieben lernt: ein Schönwetterfilmchen für schwerste Regentage.“ (Der Spiegel) UFA-Palast, UT-Kinocenter, CinemaxX, Lichtspielhaus (Del), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Shigatse Schweiz 1989, R: Jürg Neuenschwandner

„Der Film zeigt die Schwierigkeiten der einst verbotenen und heute bewußt vernachläßigten tibetischen Klostermedizin gegenüber der von den Chinesen eingeführten westlichen Medizin. Das alte Wissen scheint langsam verlorenzugehen und den jungen TibeterInnen, die unter chinesischer Herrschaft aufgewachsen sind, fehlt der kulturelle und religiöse Bezug dazu. Anhand der tibetischen Medizin wird sinnbildlich die Gefahr eines unter Fremdherrschaft lebenden Volkes aufgezeigt, seine kulturelle Identität zu verlieren, aber auch die Anstrengungen, genau dies zu verhindern.“ (Kommunalkino) Kino 46

Silvester Countdown Deutschland1997, R: Oscar Roehler, D: Rolf Peter Kahl, Marie Zielke, Christoph Schlingensief

„Hatten Romeo und Julia je Sex miteinander? Regisseur Oscar Roehler scheint fest daran zu glauben, denn das Filmpaar in seiner erotischen Liebesgeschichte ist nicht nur nach den berühmten Liebenden aus Verona benannt, sie, ähem, treiben es auch mächtig miteinander. Es geht um die „Hast durch die Nächte der Großstadt, die Suche nach Fun“, sagt zumindest der PR- Text. Dafür gab es im letzten Jahr immerhin auf dem Münchener Filmfest gleich den „Hypo-Regie-Förderpreis“. Na denn...“ (TV-Spielfilm) Gondel

Die Straße Deutschland 1923, R: Karl Grune, D: Eugen Klöpfer, Max Schreck / Stummfilm mit live gespielter Klavierbegleitung

„Im Genre des Melodrams ist „Die Straße“ der Archetypus aller deutschen Filme überhaupt. Es ist die Geschichte eines Spießers, der von den Schatten, die die Straße an die Decke seiner Wohnung wirft, angezogen wird, ins unbekannte Abenteuer auszubrechen, um nach einigen enttäuschenden Begegnungen - wobei nie die Prostituierte mit dem großen Herzen fehlen darf - schließlich nach Hause zurückzukehren, sich vor Mutter oder Frau auf die Knie zu werfen und seinen Kopf in ihren Schoß zu betten. Die Hauptpersonen des deutschen Films sind (wie eh und je) die ewig Pubertierenden, die kurz rebellieren, um sich dann zu unterwerfen. Das Grundmuster ist immer dasselbe: Es spiegelt Menschen, die nicht erwachsen sein wollen, und den Infantilismus einer Epoche, den wir wiederfinden in Adenauers Nachkriegsdeutschland, dessen Filme dieses ganze eskapistische, autoritätsgläubige Handlungsmuster noch einmal wiederholen.“ (Volker Schlöndorff) Kino 46

T

Tango Lesson Großbritannien 1997, R: Sally Potter, D: Sally Potter, Pablo Veron

“Eine englische Filmregisseurin und ein argentinischer Tangotänzer verlieben sich und treffen ein Abkommen: Er lehrt sie tanzen, sie macht ihn zum Filmstar. Die Erfüllung dieses Abkommens führt zu Differenzen, und die beiden müßen lernen, ihre Rollen als Mann und Frau zu sprengen, damit ihre Liebe Bestand hat. Sally Potters formal ungewöhnlicher, innovativer Film schildert in dichten Metaphern den Prozess einer Auseinandersetzung zwischen zwei Individuen jüdischer Herkunft und reflektiert tiefgründig über Liebe, Tanz, Film und die menschliche Existenz.“ (Zoom) Cinema

1000 Morgen USA 1998, R: Jocelyn Moorhouse, D: Michelle Pfeiffer, Jessica Lange, Jason Robards, Jennifer Jason Leigh

„Akira Kurosawas atemberaubend schöner Film ,Ran' verpflanzte Shakespeares ,König Lear' in das Japan des 16. Jahrhunderts. Kurz vor seinem Tod plante Anthony Mann das Bühnenstück in einen Western zu verwandeln. Diese Adaption von Jane Smileys mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnetem Roman hat ähnliche epische Aspirationen. Das dicht geschriebene Buch kommt auf über 365 Seiten als eine feministische Version von ,Lear' gerade so durch. Der dürftige 100 Minuten lange Film ist nicht einmal ein Möchtegern-,Ran', obwohl er durch die lächerliche Weise, in der er das Tragische verfehlt, oft unfreiwillig komisch wirkt. Während die Sprache von Shakespeare über allem wie eine göttliche Aura hängt, sind die Dialoge fast schon wieder feinsinnig in ihrer Banalität. ,Ihr Mädchen macht mich noch verrückt', sagt der Farmer Larry als die Lear-Figur. ,Die letzte Woche war die Hölle für die Kinder', sagt eine seiner Töchter. Merkwürdigerweise ist das einzige direkte Shakespeare-Zitat aus dem ,Kaufmann von Venedig': ,Glaubst Du, eine Brust wiegt ein Pfund? Dies ist mein Pfund Fleisch!' sagt eine Tochter verbittert nach einer Brustamputation.“ (The Observer) UFA-Palast, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

The Little Girl who lives down the Lane Kanada/Frankreich 1975, R: Nicolas Gessner, D: Jodie Foster, Martin Sheen / Originalfassung ohne Untertitel

„Wie ein echter, stilreiner Horrorfilm ausieht, einer von der sensiblen Psychoart, mysteriös und sanft - das führt Nicolas Gessner vor. Mit dem Zubehör des klassischen Gänsehaut-Genres (einsames Landhaus in romantischer Landschaft) und den unsichtbaren Fragezeichen in jeder harmlosen Begegnung (ist eine Leiche im Keller?). Die Heldin ist vom Stamm der bösen Monsterkinder, blond, lieb, gescheit und ohne jeden Skrupel. Jodie Foster spielt den Tiefkühlteenager bezaubernd mutig und schlau. Daß das nette Mädchen bald mehrere Leichen im Keller hat, weckt beinahe Sympathie. Recht hat das Kind, so muß man sich sagen - der Papa hat ihm vielleicht zuviel Nietzsche vorgelesen, aber die fremden Mieslinge, die dauernd in erzieherischer Absicht in die Diele trampeln, könnten auch gemäßigtere Übermenschen auf die Palme bringen.“ (Ponkie) Kino 46

Titanic USA 1997, R: James Cameron, D: Leonardo DiCaprio, Kate Winslet

„Nicht Cameron hat ein Thema gefunden, sondern das Thema ihn. Dem Drehbuchautor und Regisseur kommt es dabei nicht auf Symbole und Metaphern an. Er sucht das private Drama in der Kollision zwischen menschlicher Hybris und der von aller technischen Raffinesse unbeeindruckten Natur. So besitzt dieser Actionfilm durchaus Züge eines Kammerspiels, die den Fluß der Katastrophe immer wieder auf produktive Weise hemmen - im Dienste einer großen, altmodisch erzählten Love-story.“ (epd-Film) UT-Kinocenter, CinemaxX, Wall- & Ziegelhof (Ol)

W

Wild Man Blues USA 1997, R: Barbara Kopple, D: Woody Allen as himself

Drei Wochen nach dem Kinostart von „Harry außer sich“, in dem Woody Allen sich nach allen Regeln der Kunst selber dekonstruiert, wird er jetzt in diesem Dokumentarfilm wieder liebevoll zusammengesetzt. Regisseurin Barabra Kopple durfte Allen auf einer Europatournee der traditionellen Jazzband, in der er Klarinette spielt, begleiten. Der berüchtigt menschenscheue Künstler ließ die Kamera erstaunlich nahe an sich heran, und so sieht man, daß der reale Allen nichts von Harry an sich hat, aber tatsächlich so dünnhäutig, nervös, scheu und komisch ist wie die von ihm geschaffene Kunstfigur Woody. Wir treffen ihn sogar zusammen mit den Eltern in deren Wohnung in New York, und seine fast 90jährige Mutter beklagt sich trotz der vielen Oscars auf dem Kaminsims darüber, daß er kein Apotheker geworden ist. Hier sieht man zum ersten Mal, wo seine Neurosen wirklich herkommen. (hip) Atlantis

Z

Zugvögel ...einmal nach Inari Deutschland 1997, R: Peter Lichtefeld, D: Joachim Krol, Outi Mäenpää, Peter Lohmeyer

„Ein anrührendes, unterhaltsames Road- oder vielmehr Railroad-Movie. Leichthändig verschränkt sind hier eine Liebesgeschichte, zwei Kriminalhandlungen und eine einfache Fortbewegung. Hannes, Aushilfsfahrer, hat Sonderurlaub genommen, um in Nordlappland an der Europameisterschaft der Fahrplanexperten teilzunehmen: Fahrpläne sind sein Hobby und seine Leidenschaft. Aber daheim in Dortmund ist Hannes' Chef ermordet worden, und alle Indizien deuten auf ihn als Täter. Wie in Hitchcocks „Der unsichtbare Dritte“ bangt man mit dem unschuldigen Helden, der sich, ohne es zu wissen, auf der Flucht befindet und nur dank naiver Gefühlsaktionen und schicksalsmäßiger Fügungen den Verfolgern immer gerade knapp entkommt. Der Weg ist das Ziel – Züge, Fähren und freundliche Finnen mischen mit.“ (epd-film) Schauburg, Atlantis, Casablanca (Ol)

Zum Teufel mit der Seele Australien 1997, R: Peter Duncan, D: Geoffrey Rush, Frances O'Connor, Peter Duncan

Australische Komödie über einen jungen Wissenschaftler, der nach einer Formel gegen das Altern sucht. Auf der Suche nach Geldgebern landet er mit seiner Ex-Freundin und EX-Assistentin auf dem Landgut eines einflußreichen Politikers, der sich als Satanist entpuppt. Der Film ist manchmal schon zu smart und durchgedreht, um wirklich Spaß zu machen. Die Filmemacher waren so in ihre originellen Ideen verliebt, daß sie die Ökonomie des Erzählens dabei zu sehr aus den Augen verloren. So ist dieser, ansonsten sehr sympathische und freche Film nicht ganz so witzig, wie er es gerne wäre. (hip) City, Casablanca (Ol)

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