■ Querspalte: Die virtuelle Schießbudenfigur
Wenn Sie das Computerspiel „Doom“ noch nicht kennen, lassen Sie es sich doch von ihrem heranwachsenden Sohn zeigen. Der Junior hat es garantiert auf seiner Festplatte. „Doom“ ist nämlich indiziert und darf in Deutschland nicht an Minderjährige verkauft werden. Dadurch zum Kult geadelt, gibt es „Doom“ mittlerweile auf jedem Schulhof als Raubkopie. Der Spieler läuft durch ein Labyrinth, trifft schaurige Ungeheuer und massakriert diese. Computerspiele dieser Art gibt es viele, „Doom“ ist besonders grausam, eklig und gemein.
Ein Nachrichtenmagazin behauptet jetzt, die U.S. Army setze eine überarbeitete Fassung von „Doom“ zur Ausbildung ihrer Soldaten ein. Die Phantasiewaffen der Monsterkiller sind durch normale GI-Gewehre ersetzt worden. Straßenkämpfe und die Erstürmung von Gebäuden trainieren die kleinen Weltpolizisten jetzt virtuell. Na, wenn das keine erfreuliche Neuigkeit ist. Krieg läuft in Zukunft nach dem Motto: Bites statt Leichen, Speicherkapazität statt Feuerkraft, nächstes Level statt Endsieg. Davon hat schon Hollywood geträumt: In „Wag the dog“ inszeniert ein Präsident vor der Wahl fürs Fernsehen rasch einen computeranimierten Krieg gegen Albanien. Clintons kleiner Monica-Krieg von vergangener Woche sei ein wahr gewordenes „Wag the dog“-Szenario, schmunzelt's im deutschen Feuilleton seitdem. Leider ist das Weiße Haus noch nicht so weit. Computeranimation oder echter Sprengkopf machen einen Riesenunterschied – auf jeden Fall für Sudanesen und Afghanen.
Mit gutem Beispiel voran geht derweil Deutschlands ranghöchster Krieger. Presseberichten über einen Jahrmarktsbesuch von Volker Rühe in Hamburg entnehmen wir, der Verteidigungsminister habe an einer Schießbude sehr treffsicher auf kleine Tiere aus Blech angelegt. Womit bewiesen wäre: virtueller Kriegsersatz ist auch kostengünstig möglich, ganz ohne „Doom“ und High-Tech. Zumindest für Schießbudenfiguren. Robin Alexander
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