■ Vorschlag: Jour fixe: Lisa Duggan kritisiert heterosexuelle Rechtsstrukturen
Lisa Duggan, die Referentin, die heute abend auf Einladung der Heinrich-Böll-Stiftung und der taz im Vorderhaus der Hackeschen Höfe spricht, kommt aus den USA und gehört dort zu den Stars einer prosperierenden akademischen Branche: der der Gender Studies. In ihrem Fall heißt das, an der New Yorker Universität lesbische und schwule Theorien zu unterrichten. Ms. Duggan versteht sich zudem als politische Aktivistin, etwa als Gründungsmitglied der „Feminist Censorship Task Force“ – einer feministischen Zensureingreiftruppe.
Was sie heute abend, auf deutsch moderiert vom ehemaligen AL- Abgeordneten Albert Eckert, zur Diskussion stellt, ist ein Plädoyer gegen die strikte Beschränkung homosexueller Politik auf den Gewinn von Bürgerrechten. Eine Politik, die auf rechtliche Gleichheit zielt, verkenne, daß dies nicht genüge, um dem Sexismus das Wasser abzugraben. Ihrer Auffassung nach hieße dies zudem, die Rechtsstrukturen zu akzeptieren, wie sie sind – und die seien heterosexuell, geeicht auf klassische Mann-Frau-Kombinationen. Im Gegenteil komme es darauf an, „queere“, also quer zur traditionellen Heterosexualität liegende Sexualitäten nicht wieder aus der Öffentlichkeit in den Bereich des Unsagbaren auszusperren. Statt dessen müßten auch subtilste sexuelle Rassismen thematisierbar sein.
Duggan, Mitglied der Aktionsgruppe „Sex Panic!“, kommt es gerade darauf an, auf Identitätszuweisungen – „Ich bin schwul und bleibe es“, „Ich bin lesbisch und stolz darauf“ – verzichten zu lernen. Nur auf diesem Wege werde der Skandal des Nichtheterosexuellen nicht mehr nur gemildert, sondern auch getilgt.
Zur Debatte steht mithin, ob die nun auch hierzulande fröhlich Einzug haltende Queer-Diskussion nicht in erster Linie dazu dient, dem politischen Kampf um gleiche Rechte – der weder in den USA noch in der Bundesrepublik bislang gewonnen wurde – abzuschwören, weil es auf ihn sowieso nicht ankomme. Was auch als Ausrede gelesen werden kann: auf dem Weg zum gesellschaftlichen Erfolg bloß keine kränkenden Niederlagen einstecken müssen, etwa in der offensiven Verweigerung gleicher Rechte. Jan Feddersen
19.30 Uhr, Galerie in der Heinrich-Böll-Stiftung, Hackesche Höfe; am Wochenende findet der Kongreß „Queering Demokratie. Sexualität. Geschlecht. BürgerInnenrechte“ statt (Infos: 28534211).
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