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Nachtleben an der Schlachte

■ Unter großen Scheinwerfern bietet sich, wenn das Wasser abgelaufen ist, an der Schlachte in diesen Wochen ein eindrucksvolles nächtliches Schauspiel – umsonst und draußen

Was Bremen brauchte, um eine richtige Kongreßstadt zu werden und um den Städtetourismus anzukurbeln? Frank Haller, der Staatsrat für Wirtschaft, hatte dafür vor Jahren, als das Varieté-Schiff „Welle“ mit seinen billigen osteuropäischen Tänzerinnen noch am Kai vor dem Fenster seines Dienstzimmers lag, eine schlichte Antwort: Sechs oder sieben Schiffe dieser Art hätten an der Schlachte Platz, fand er, und ohne ein einschlägiges Nachtleben bringt es keine Großstadt zu etwas.

Derzeit wird, Nacht für Nacht, an dieser Utopie gearbeitet. Wenn es laue Sommernächte gäbe – das Schauspiel an der Schlachte würde Zuschauer zu Hunderten anziehen. Während tagsüber neue Spundwände in den Boden des Flusses gewummert werden, daß die Geschäftshäuser vibrieren, bietet sich abends ein besonderes Bild. Wenn das Wasser abgelaufen ist, werden nachts grelle, leistungsstarke Scheinwerfer aufgestellt, die Akteure in martialischen Arbeitsanzügen machen sich mit ihren Schweißgeräten über die Kaje her. Die Maschinengeräusche tönen quer über den Fluß, am Teerhof könnte man aus den Wohnzimmerfenstern wie aus Logen das Stück aus der Arbeitswelt verfolgen.

In einem früheren Bauabschnitt wurde schon vor dem Amtssitz des Wirtschaftssenators das Ufer der Weser durch Sandsteinblöcke zu einer Uferpromenade mit natürlichen Sitzblöcken umgestaltet. Im zweiten Schritt nun wird Meter für Meter von der Brücke, die nach dem Bremer Gastwirt Friedrich Ebert benannt ist, die Uferpromenade erweitert und das Schotter-Flußbett durch eine klare Kajenmauer ersetzt. Auf dem verbreiterten Uferweg sollen später einmal die Schaulustigen flanieren; so viele Expo-Gelangweilte und so viel Umsatz erwartet der Wirtschaftssenator, wenn erst einmal die Phalanx der Schiffe an der neuen Kaje festgemacht hat, daß der samstägliche Flohmarkt mit seinen kleinen Geschäften und dem polnischen Krimskrams hier verschwinden muß.

Welche Art Schiffe demnächst an der Schlachte festmachen werden, darüber gibt es derzeit offiziell nur Schweigen. Aber keine Bange: Die Pläne dafür samt der bunten Skizzen liegen seit Jahren in den Schubladen und warten nur auf den Tag „X“. off

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