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Mitterrands bester Freund tritt zurück

Frankreichs Verfassungsratspräsident Roland Dumas räumt sein Amt „vorübergehend“. Er hat von Bestechungsgeldern aus dem „Elf“-Konzern gewußt und profitiert – sagt seine Ex-Geliebte  ■    Von Dorothea Hahn

Berlin (taz) – Seit gestern ist Frankreichs Nummer fünf im einstweiligen Ruhestand. Der 76jährige Roland Dumas, der von François Mitterrand zum obersten Verfassungsrichter ernannt worden war, stand seit Monaten wegen einer Bestechungsaffäre im Gerede.

In den Tagen zuvor hatten sich SpitzenpolitikerInnen sämtlicher Parteien und die Medien auf Dumas eingeschossen. Selbst Mitglieder seiner Sozialistischen Partei, die sich zuvor nie zu der peinlichen Affäre äußern wollten, verlangten am Wochenende Dumas' Rücktritt. Das Boulevardblatt Le Parisien veröffentlichte vergangene Woche eine Umfrage, wonach 58 Prozent der FranzösInnen den Präsidenten des Verfassungsgerichtes loswerden wollten.

Der Verfassungsgerichtspräsident und Ex-Außenminister soll von Bestechungsgeldern profitiert haben, die der Erdölkonzern „Elf“ zahlte, um ein Fregattengeschäft mit Taiwan einzufädeln. Dumas, der anfänglich gegen das Rüstungsgeschäft mit dem kleinen Opponenten Chinas plädiert hatte, gab seinen Widerstand dagegen im Jahr 1989 auf.

Damals war Dumas nicht nur Außenminister, sondern auch Geliebter einer gewissen Christine Deviers-Joncour. Die Dame stand zeitgleich in den Diensten des Erdölkonzerns „Elf“, der sie zu dem Zweck engagiert hatte, Lobbying für das Rüstungsgeschäft bei Dumas zu machen. Die heute 50jährige Deviers-Joncour soll dafür rund 45 Millionen Francs (ca 13,5 Millionen DM) bekommen haben, von denen sie einen Teil in der Schweiz, einen anderen in Frankreich investierte.

Unter anderem verwendete Deviers-Joncour ihr Salär darauf, ein Appartement in der exklusiven rue de Lille auf der linken Seine-Seite in Paris zu kaufen (17 Millionen Francs, ca 5 Millionen Mark). Für sehr viel mehr Medienaufmerksamkeit in Frankreich sorgte allerdings, daß sie Dumas von ihren Bezügen ein paar Schuhe im Gegenwert von knapp zwei Mindestlöhnen, nämlich 11.000 Francs, spendierte.

Deviers-Joncour hat nie bestritten, den Auftrag mit den hohen Einkünften gehabt zu haben. Bis vor einigen Wochen allerdings hatte sie trotz einer fünfmonatigen Untersuchungshaft Anfang letzten Jahres hartnäckig geleugnet, daß ihr Ex davon wußte.

In einem reißerischen Buch: „La Putain de la République“ (Die Nutte der Republik) hatte sich Deviers-Joncour im vergangenen Jahr noch als Opfer der „Elf“-Affäre dargestellt und versucht, keinen Zweifel an der Integrität Dumas aufkommen zu lassen. Als ihr Anfang dieses Jahres jedoch eine Verleumdungsklage ihres einstigen Arbeitgebers „Elf“ drohte, änderte sie die Linie. Auf gar keinen Fall wolle sie noch einmal ins Gefängnis gehen, erklärte sie im Februar. Und wenn doch, dann würde sie ein paar Dutzend Spitzengestalten aus Politik und Wirtschaft „mitnehmen“. Die mit den KaviarsozialistInnen unter Mitterrand gut bekannte Deviers-Joncourt drohte, sie verfüge über die Namen von 40 bekannten Personen, die in die „Elf“-Affäre verwickelt seien.

Seit ihrem Linienwechsel verbringt die Ex-PR-Agentin von „Elf“ viel Zeit bei den beiden Untersuchungsrichterinnen Eva Joly und Laurence Vichnievsky, die seit Jahren in der „Elf“-Affäre ermitteln. Unter anderem soll sie im Zuge ihrer neuen Redseligkeit ausgesagt haben, daß Dumas von den Millionenzahlungen des Konzerns an sie gewußt und persönlich davon profitiert habe. Das zumindest verlautet aus wie üblich nicht namentlich genannten Quellen im Pariser Justizpalast.

Die beiden Untersuchungsrichterinnen befanden sich gestern in Südafrika, wo sie nach Alfred Sirven fahnden – der grauen Eminenz von „Elf“, durch dessen Hände die Bestechungsmillionen geflossen sein sollen, und der Europa kurioserweise unbehelligt verlassen konnte. Es erscheint wahrscheinlich, daß sie nach ihrer Rückkehr nach Paris ein Ermittlungsverfahren gegen Dumas eröffnen.

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