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Ein Wort der Erwähnung ■ Von Carola Rönneburg
„Eine furchtbare Wahrheit.“
Michael Wolffsohn in der B.Z. vom 6.4.1999
Nicht nur die SPD und die Grünen stehen anläßlich des NATO-Angriffkrieges auf Jugoslawien vor Zerrreißproben, wie diese Zeitung vor kurzem an anderer Stelle schrieb: auch die taz-Leserschaft scheint gespalten. Während kürzlich noch viele Briefe und e-mails in der Kochstraße eintrafen, die die Nato-Bombardements und vor allem die deutsche Beteiligung daran kategorisch ablehnten, treten nun die Kritiker der Kritiker auf den Plan. Trainiert durch Talkshows, wo Fernsehfrontfrauen und -männer wie Sabine Christiansen oder Michel Friedman die von ihnen geladenen prominenten Kriegsgegner öffentlich wg. mangelnder Kriegsgeilheit abwatschen, empört sich etwa ein taz-Leser in der gestrigen Ausgabe, „Albaner und Menschenrechte“ seien „den Herren Satirikern und vielen Leserbriefschreibern“ offensichtlich „nicht ein Wort der Erwähnung wert“.
Wir Herren und Damen Satiriker nehmen solche Anwürfe natürlich gelassen auf, weil uns diese Methode der Kritik allzu vertraut ist. Wer polemisiert oder auch nur kommentiert, soll sich immer wieder rechtfertigen, soll alle möglicherweise anfallenden Aspekte innerhalb einer Diskussion berücksichtigen und sein Thema gefälligst so ausgewogenbehandeln, bis der entscheidende Gedanke untergangen ist im großen Einerseitsandererseits. Ich jedenfalls weigere mich, jeder Randbemerkung über die kriegführende deutsche Regierung eine Solidaritätsadresse an die Kosovo-Albaner voranzustellen - und indem ich darauf verzichte, lasse nicht ich die Flüchtlinge im Regen stehen.
Genausowenig ist von Kritikern des Bombardements und des kommenden Bodenkrieges zu erwarten, daß sie innerhalb ihrer Briefe oder Texte praktikable Lösungsvorschläge unterbreiten, wie denn nun, und zwar möglichst ab morgen, die Balkanisierung des Balkans aufgehalten werden sollte. „Soldaten sind Zinksargfüllmasse“ schrieb Wiglaf Droste vor kurzem auf dieser Seite. „Wie hätte ein Milosevic zur Räson gebracht werden können?“ fragte ein anderer taz-Leser daraufhin den Wahrheit-Autor; er würde sich „freuen, wenn Sie diese Fragen konstruktiv aufgreifen könnten.“ Aber warum sollte der Kollege das tun, und auch noch konstruktiv? Muß jeder Kriegsgegner erst ein Patentrezept aus der Tasche ziehen, bevor er weiterreden darf?
Nein, das muß der Kollege nicht, und das muß auch keiner der gedeckelten Leserbriefschreiber, die nicht an die Unausweichlichkeit des NATO-Einsatzes glauben. Deshalb, lieber Jürgen Lösche, taz-Leser und Fraktionsvorsitzender der Bündnisgrünen im Stadtrat Plauen, dürfen Sie gern weiterhin blauäugig „enttäuscht“ sein von dem, „was diese Bundesregierung, noch dazu mit einem grünen Außenminister, derzeit politisch leistet.“
Ihrer Überzeugung hingegen, nicht der Krieg sei „der Gipfel an Geschmacklosigkeit und Menschenverachtung“, sondern der Umgang mit Joschka Fischer und Gerhard Schröder, die „es nicht „verdient, haben, daß in einer Tageszeitung ein solcher Artikel erscheinen darf“, setze ich als Wahrheit-Redakteurin entgegen: Aber sicher darf das. Und muß und wird weiter. Bis bald!
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